Das Tauziehen um Martin Ødegaard ist entschieden. Das norwegische Toptalent wechselt zu Real Madrid. Taugt ein 16-Jähriger als Leistungssportler? Der Kinderorthopäde Urs von Deimling ist skeptisch.
Er gilt als begnadeter Fußballer - und so ist es nicht verwunderlich, dass jeder Fußballklub, der etwas auf sich hält, in den vergangenen Wochen nach Norwegen schielte. Dort spielt bislang Martin Ødegaard, nach Expertenmeinungen das größte Talent seit Lionel Messi. Jetzt hat sich der Umworbene entschieden. Martin Ødegaard spielt in der kommenden Saison für Real Madrid.
Die Sache mit den Sehnen
Glückwunsch nach Madrid? Schau'n mer mal. Denn da ist die Sache mit dem Alter: Martin Ødegaard ist 16 Jahre alt. Kann er schon so trainieren, wie ein Erwachsener? Normalerweise darf man einem 16-jährigen Körper nicht das Gleiche zumuten, wie einem Erwachsenen, sagt Urs von Deimling, Chefarzt der Abteilung für Kinderorthopädie an der Asklepios Klinik St. Augustin. Grundsätzlich gilt: Die Sehnen haben bei Jugendlichen noch nicht den Durchmesser und die Stärke, wie bei ausgewachsenen Sportlern.
Zu diesem Thema ist erst im vergangenen Jahr eine Arbeit erschienen. Das Ergebnis: Jugendliche, die erst spät ihre körperliche Reife erreichen, sind für Fußball besser geeignet, als Sportler, die mit 14 schon komplett ausgewachsen sind, erzählt Urs von Deimling. Die meisten Mediziner und Sportwissenschaftler sind überzeugt: Eine Spezialisierung auf einen Sport in frühen Jahren ist problematisch. Stattdessen sollten lieber mehrere Sportarten trainiert werden, um den Körper gleichmäßig zu schulen.
"Eine sehr hohe sportliche Spezialisierung in jungen Jahre ist ein großes Problem."
Ein Talent langsam aufbauen
Um Risiken auszuschließen, gibt es mittlerweile auch anthropometrische Daten. So lassen sich Fitness, Körpermaße und auch das Knochenalter und die Wachstumserwartung überprüfen. Anhand dieser Daten können Vereine herausfinden, wie belastbar der Körper eines jungen Sportlers ist. Entscheidend ist aber auch, ob Real Madrid Martin Ødegaard verheizt, oder ob der Verein bereit ist, seinen teuren Neueinkauf langsam aufzubauen und ihn langsam in die Profimannschaft zu integrieren.
Die Gefahr der Überlastung
Allerdings gibt es zahlreiche Fälle von Verletzungen bei jugendlichen Fußballern, die Urs von Deimling auf Überlastung zurückführt. Zu all diesen Unsicherheiten bei sehr jungen Sportlern kommt aber noch ein entscheidender Punkt hinzu: Im Fußball besteht ein sehr hohes Risiko, sich zu verletzen. Und wenn sich ein Sportler mit 18 Jahren zum ersten Mal das Kreuzband reißt, besteht die Gefahr, dass er schon mit Mitte 20 nicht mehr für seinen Verein auflaufen kann. Urs von Deimlings Haltung lässt sich also auch kurz zusammenfassen: Als Kinderorthopäde sieht er den Ødegaard-Transfer skeptisch.