Türkische Journalisten produzieren und senden in Köln auf Türkisch über die Türkei. Weil sie es können. Und weil es wichtig ist.
Türkische Journalisten flüchten ins Ausland. Sie kommen und gründen Nachrichtenportale oder Fernsehsender. Um aus der Ferne über ihre Heimat zu berichten. In Köln gibt es mittlerweile eine kleine türkische Journalistencommunity, die im Februar auch mit einem dieser Projekte gestartet ist. Es heißt ArtiMedia. "arti" bedeutet auf Deutsch "plus" und dieses Plus bezieht sich auf das in der Türkei fast abgeschaffte Recht auf Information.
ArtiGercek und ArtiTV berichten auf Türkisch
Das Projekt besteht aus zwei Bereichen: Aus dem Internet-Nachrichtenportal ArtiGercek und dem Fernsehsender ArtiTV. Der Chefredakteur Celal Baslangıç hat unter anderem für die Tageszeitungen Cumhuriyet und Radikal gearbeitet. Seit vier Monaten lebt er im Kölner Exil. In der Heimat drohen ihm - wie Deniz Yücel - 15 Jahre Haft wegen Terrorpropaganda.
"Auch wenn man am Ende freikommt, hat man im Gefängnis Monate verbracht. Allein das ist die Strafe selbst. Alles ungewiss."
Im Senderrat sitzen vier prominente Journalisten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. 40 Köpfe aus der türkischen Kunst, Kultur, Wirtschaft, Justiz, Politik und so weiter unterstützen das Projekt mit wöchentlichen Kolumnen. Manche von ihnen fliegen aus der Türkei oder Orten aus ganz Europa nach Köln. Baslangıç und sein Team produzieren von Köln aus Nachrichten, Talkshows und Politmagazine in türkischer Sprache. Ihr Motto lautet "Mehr als sie wissen". Mit "Sie" meint er die Menschen in der Türkei.
Die Redaktionsräume und Studios hat ArtiMedia von einem türkischen TV-Sender in Köln übernommen. Dieser Sender hatte jahrelang von Köln aus für die Türkei Sendungen produzierte. Vor drei Monaten dann wurde die Sendelizenz in der Türkei per Notstanddekret entzogen und nun sind hier die Räume von ArtiMedia.
Pressefreiheit leidet in der Türkei
Seit dem Putschversuch in der Türkei wurden mehr als 47.000 Menschen verhaftet, darunter 150 Journalisten. Rund 180 Medien wurden geschlossen. Die letzten kritischen Fernseh- und Radiosender wurden im Oktober verboten. Nur drei bis vier Tageszeitungen gibt es noch, die kritisch über die Regierung berichten. Und diese sind mit zahlreichen Prozessen beschäftigt. Das Land belegt Platz 155 auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit.