Den einen kann es nicht brutal genug im Film zugehen, die anderen verkriechen sich unter der Decke. Trotzdem fasziniert auch sie Gewalt. Warum?
Es gibt verschiedene Gründe, warum uns die Gewalt in Filmen fasziniert. Beim klassischen Krimi oder Horrorfilm puscht uns der Nervenkitzel und lässt uns den Alltag vergessen, erklärt Anne Bartsch. Sie ist Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Leipzig.
"Spannung, Nervenkitzel, Adrenalin: Da fühlen wir uns lebendig und wir vergessen die Alltagssorgen."
Es gibt aber auch realistische Darstellung von häuslicher Gewalt oder Krieg. Bei diesen dokumentarischen Darstellungen gehe es den Zuschauern in der Regel um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Gewalt.
Reines Vergnügen – ernsthafte Auseinandersetzung
Anne Bartsch unterscheidet zwischen dem Konsum von Horrorfilmen oder Thrillern rein zum Vergnügen und dem ernsthaften Bestreben, Gewalttaten oder die Motivation des Täters zu verstehen und moralische Normen zu reflektieren.
Abstumpfung und Aggressionen durch Gewaltfilme
Wer viele Gewalt-Filme sieht, könne dadurch auch abstumpfen. Schlimmstenfalls mache ein häufiger Konsum von Gewaltfilmen Menschen aggressiver. Denn das häufige Sehen von Gewalt könne die eigenen Moralvorstellungen relativieren, sodass Gewalt eine gewisse Normalität bekomme. Insgesamt könne der Konsum von Gewaltfilmen dazu beitragen, dass die eigene Hemmschwelle sinke, meint Anne Bartsch
Jeder Mensch hat in Bezug auf Gewalt eine andere Toleranzschwelle. So hat Anne Bartsch bislang "Kill Bill" von Quentin Tarantino nicht gesehen, weil sie selbst Gewalt im Film nicht aushalte. Auch wenn sie weiß, dass der US-amerikanische Kultregisseur Gewalt als ein Stilmittel einsetzt.
Tarantino: Ironische und künstlerische Auseinandersetzung mit Gewalt in Filmen
Quentin Tarantino zitiert Gewaltszenen aus anderen Filmen und nutzt sie als künstlerische Ausdrucksform. Es gehe ihm nicht um die reine Darstellung von Gewalt, sondern er beziehe eine ironische Distanz zur Gewaltdarstellung, indem er diese auf die Spitze treibe, erklärt Anne Bartsch.
Gewaltfilme als Lehrmaterial für Polizisten und Soldaten
Polizisten und Bundeswehrsoldaten hätten in wissenschaftlichen Untersuchungen geäußert, dass sie Kriegsfilme sehen, um ein Gefühl für die kriegerische Auseinandersetzung zu entwickeln. Denn in der Ausbildung würden sie zwar viel Technisches und Theoretisches lernen, die menschliche Komponente aber, wie es ist, sich im Kampf gegen einen anderen Menschen zu befinden, das würden sie aus Filmen mitnehmen.
"Gewalt in Filmen kann ein wichtiges Element sein für Situationen, die man selbst noch nicht erlebt hat."
Wer glaubt, als aggressiver Mensch könne er seine Gewaltfantasien und –ausbrüche durch Filme kompensieren und damit in den Griff bekommen, ist auf dem Holzweg. Anne Bartsch sagt, dass aus wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt sei, dass Gewaltdarstellungen Gewaltimpulse verstärken.
"Das Abreagieren oder Ausleben von Gewalt über die Gewaltdarstellung in den Medien ist ein Mythos."