Bevor ein neues Medikament auf den Markt kommt, wird es in vielen Schritten geprüft. Bei homöopathischen Mitteln ist das anders. Die brauchen zwar eine Zulassung, um verkauft werden zu können, dafür reicht aber nach dem Prinzip des "Binnenkonsens" die Bescheinigung von Homöopathen.

Bei Medikamenten ist der Weg bis zur Zulassung lang. Wenn es beispielsweise ein neues Mittel gegen Asthma gibt, muss der Wirkstoff in klinischen Studien nach klaren wissenschaftlichen Standards geprüft werden. Als erstes wird geprüft, wie verträglich der neue Wirkstoff ist, ob er Nebenwirkungen hat, wenn ja, welche und wie stark diese sind.

Ob der Stoff wirkt, wird erst in den nächsten Phasen untersucht. Es wird nach der optimalen Dosierung gesucht und geprüft, ob das Mittel wirklich hilft. Erst wenn das nachgewiesen ist, kann das Mittel zugelassen werden.

Für homöopathische Mittel gilt ein Sonderstatus

Anders ist das bei homöopathischen Mitteln. Die besitzen einen Sonderstatus, was auch gesetzlich geregelt ist. Das heißt, homöopathische Mittel müssen in der Regel nicht die gleichen Verfahren und Prüfungen durchlaufen wie herkömmliche Medikamente.

"Wenn Homöopathen bescheinigen, dass ein Mittel wirkt, ist damit der Wirksamkeitsnachweis erbracht. Das reicht aus."
Martin Winkelheide, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Wenn ein Hersteller also sagt, dass sein homöopathisches Mittel gegen ein bestimmtes Leiden wie Asthma hilft, braucht dieses zwar eine Zulassung. Die Wirksamkeit wird allerdings nach dem Prinzip des Binnenkonsens nachgewiesen: Homöopathen bescheinigen die Wirksamkeit also selbst - ohne klinische Studien.

Nur wenn es um ein neues homöopathisches Medikament zur Behandlung einer sehr schweren Erkrankung geht, müssten klinische Studien gemacht werden, um eine Zulassung zu bekommen. Praktisch hat es das aber noch nicht gegeben, sagt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Pharmakologen fordern gleiche Zulassungs-Regeln

Mit den unterschiedlichen Zulassungs-Regeln für homöopathische Mittel und herkömmliche Medikamente, sind nicht alle zufrieden. Bei Pharmakologen, also Experten, die sich mit der Wirkung von Arzneimitteln beschäftigen, regt sich Widerstand. Einige fordern gleiche Regeln für alle Medikamente. Sie sagen, dass der übliche Wirksamkeitsnachweis bei homöopathischen Mitteln nicht ausreiche und die Zulassung genauso ablaufen sollte wie bei normalen Medikamenten.

Europaweit wächst der Druck

Deutschlandfunk-Nova-Reporter Martin Winkelheide schätzt das so ein, dass der Druck auf die Hersteller von homöopathischen Mitteln wächst - nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Zum Beispiel habe in Großbritannien der Nationale Gesundheitsdienst NHS vor zwei Jahren beschlossen, die Kosten für Globuli nicht länger zu übernehmen, weil er die Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen sieht. Und auch in Frankreich überprüfen Behörden die Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln.

Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie e. V. beschreibt zum Beispiel hier aus ihrer Sicht, warum die bisherige Zulassungsmethode die richtige ist:

In der Homöopathie "haben Arzneien auch eine deutlich andere Rolle: Sie werden nicht für Krankheiten, sondern im Wesentlichen für Symptomkonstellationen, ober überspitzt für Personen verwendet. Daher scheidet das übliche Prüfverfahren hier aus, und der Gesetzgeber hat das erkannt und konsequent übernommen. Wird hingegen eine Krankheitsindikation beansprucht, dann greift auch hier die indikationsbezogene Überprüfung, wie in der konventionellen Medizin auch."

Shownotes
Medikamente
Kritik an der Zulassung homöopathischer Arzneimittel
vom 14. Juni 2019
Moderatiorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Martin Winkelheide, Deutschlandfunk-Nova-Reporter