Die Metoo-Debatte ist schon quer durch alle Branchen gezogen – zuletzt hatte sie auch die Spieleindustrie erreicht. Mehrere Frauen berichteten von Vergewaltigungen und Belästigungen. Ihr Vorwurf: Die Branche sei von Männern dominiert. Thomas Ruscher erklärt für Deutschlandfunk Nova, ob und inwiefern das stimmt.
Angefangen hatte es mit einer Game-Designerin, die in einem Blog von sexueller Gewalt und Vergewaltigung berichtete. Sie beschuldigte einen in der Game-Szene berühmten Komponisten, der unter anderem die Musik für ein Star-Wars-Spiel oder "The Elder Scrolls" gemacht hatte.
Damit brachte sie einen Stein ins Rollen, viele andere Frauen aus der Spieleindustrie meldeten sich zu Wort. Auch sie beschuldigten hochrangige und bekannte Männer, sie belästigt und vergewaltigt zu haben. Ihre Botschaft: "Die Spieleindustrie ist in vielen Bereichen toxisch, sexistisch und von Männern dominiert."
Games-Branche ist eine Männerdomäne
Deutschlandfunk-Nova-Spieleexperte Thomas Ruscher bestätigt, dass die Branche eine Männerdomäne ist. Zumindest, wenn man schaut, wer international an der Spitze der Unternehmen sitzt. Aber es gibt auch Ausnahmen – wenn auch wenige.
Thomas Ruscher nennt zum Beispiel Jade Raymond, die das erste Assassins-Creed-Spiel mitentwickelt hat, jahrelang für Ubisoft arbeitete und jetzt für Google die Gamessparte aufbaut. Oder auch Laura Miele – sie ist die Chefin aller Studios von Electronic Arts und gilt als eine der mächtigsten Frauen in der Industrie.
Auch in deutschen Spieleunternehmen haben Männer das Sagen
Auch in Deutschland haben eher die Männer das Sagen, so Thomas Ruscher. Unter den 35 größten deutschen Spieleunternehmen gibt es nur ein Unternehmen mit einer stellvertretenden Geschäftsführerin. Danach kommen nur wenige Firmen mit Frauen an der Spitze.
Linda Kruse von "The Good Evil" – einem kleinen Studio in Köln – arbeitet in einem Team aus zwei Mitarbeitern und fünf Mitarbeiterinnen. "Damit ist sie so ein bisschen Vorbild für andere Unternehmen in der Spielebranche", so Thomas Ruscher.
"Wir haben 27 Prozent Frauenanteil in der Branche. Aber wenn man sich die Studiengänge anguckt, geht es eher in Richtung fifty fifty."
Laut Linda Kruse ist das Potential, dass in den nächsten Jahren mehr Frauen in der Branche arbeiten, sehr groß. Immer mehr Frauen würden sich für entsprechende Studiengänge interessieren. Und die Geschlechterquote beim Nachwuchs sei zumindest eher ausgeglichen.
Frauen arbeiten eher im kreativen Bereich
Die Frage sei dann aber, in welchen Positionen Frauen nach dem Studium arbeiten. Bisher seien Frauen eher in den kreativen Bereichen wie dem Spieledesign tätig, Männer hingegen in der Programmierung.
Kim Belair arbeitet seit Jahren international für verschiedene große Spielefirmen wie Ubisoft, wo sie an "Far Cry", "For Honor" und vor allem "Assassin's Creed" mit gearbeitet hat. Sie hat eine Idee, woran das liegen könnte. Kim Belair glaubt: Dass Männer und Frauen in der Spieleindustrie in unterschiedlichen Bereichen arbeiten, hängt vor allem mit gesellschaftlichen Konventionen zusammen.
"Das hat viel damit zu tun, wie wir Menschen sozialisieren: zum Beispiel zu glauben, dass das Programmieren ein männlicher Job ist."
Kim Belair meint, wenn wir aufhören würden, den Job des Programmierens in Büchern oder Filmen als männlichen Job zu zeigen, dass sich dann auch die starren Rollenbilder auflösen würden. Sie wünscht sich, dass wir sagen: Programmieren ist ein Job, den jeder erlernen kann.
Spielefirmen wollen Frauen anwerben
Fragt man bei den Spielefirmen nach, sagen sie auch ganz deutlich, dass sie sich mehr Frauen im Unternehmen wünschen. Ruth Lemmen, eine Frau, die jahrelang in der Gamnesbranche gearbeitet hat und die die Womenize-Konferenz organisiert – eine Branchenveranstaltung, bei der sich Frauen untereinander vernetzen können – , glaubt, dass Computerspiele durch mehr Frauen besser werden.
"Je diverser ein Team aufgestellt ist, desto besser werden natürlich die Produkte, desto ökonomisch effizienter und wirkungsvoller wird auch diese Company."
Dass diverse Teams das Produkt besser machen, diese Erkenntnis ist auch zu den Entscheidern der Spielefirmen vorgedrungen, sagt Thomas Ruscher. Die versuchen auch, gezielt Frauen anzuwerben, erzählt er. Sie haben dabei aber mit Fachkräftemangel zu tun. Denn es studieren immer noch weniger Frauen als Männer Informatik – und wenn sie dann den Abschluss haben, können sie auch in jeder anderen Branche arbeiten und Karriere machen.