Ausländerfeindlichkeit hat in Deutschland zugenommen. Laut einer Studie der Uni Leipzig vertritt inzwischen fast jeder dritte Deutsche ausländerfeindliche Positionen. Studienleiter Oliver Decker zeigt sich besorgt über die Ergebnisse.

Laut der "Leipziger Autoritarismus-Studie" steigt in Deutschland die Abwertung von einzelnen Gesellschaftsgruppen. Eine klar rechtsextreme Weltsicht haben aktuell sechs Prozent der Bundesbürger. Das ist zwar ein höherer Wert als bei Umfragen in den vergangenen vier Jahren, er liegt aber immer noch deutlich unter dem Anteil von 9,7 Prozent, der bei der ersten Befragung im Jahr 2002 erreicht worden war.

Während antisemitische Einstellungen im Vergleich zu 2016 leicht zurückgegangen seien, habe sich vor allem die Abwertung von Muslimen sowie von Sinti und Roma in der Gesellschaft verfestigt, stellen die Autoren der repräsentativen Studie fest.

36 Prozent stimmen der Aussage zu, Ausländer kommen nur nach Deutschland, um den Sozialstaat auszunutzen

55 Prozent der Deutschen stimmen, laut Studie, der Aussage "Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land" zu. Als die Forscher diese Frage zwei Jahre zuvor gestellt hatten, lag die Zustimmung bei 50 Prozent. 2014 waren es 43 Prozent. Aktuell sei Religion ein Konfliktfaktor ersten Ranges geworden, sagt der Leiter der Studie Oliver Decker.

Es sei dabei ziemlich klar, dass es unterschiedliche Milieus gebe, in denen solche Einstellungen verschieden stark geäußert würden. Und dort, wo es wenige etwa Migranten gebe, seien islamkritische Meinungen besonders hoch, so Decker.

Weitere Ergebnisse:

  • Insgesamt stimmen 36 Prozent der Deutschen der Aussage zu, dass Ausländer nur hierherkommen, um den Sozialstaat auszunutzen (Ost: 47,1 Prozent, West: 32,7 Prozent).
  • Über ein Viertel würde Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken, wenn in Deutschland die Arbeitsplätze knapp werden (Ost: 32,4, West: 25).
  • Rund 36 Prozent halten die Bundesrepublik durch Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet (Ost: 44,6, West: 33,3). 
"Je weniger Migranten da sind, desto stärker sind die Ressentiments, die sich auf sie richten."

Die Bereitschaft, andere Menschen zu diskriminieren, sei in Deutschland sehr verbreitet. Das habe man zuletzt nicht so im Auge gehabt, denn das Phänomen der Ausländerfeindlichkeit sei bis zum Jahr 2014 nicht sehr auffällig gewesen. Die aktuellen Zahlen aus der Studie würden ihn sehr besorgen, so der Forscher.

Hang zum Autoritären

40 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen in einem autoritären Staat zu leben, heißt es in der Studie. Decker erklärt, dass fast jede Gesellschaft auf autoritäre Verhältnisse setze. Darin müsse aber nicht direkt der Wunsch nach Faschismus liegen. 

Es gehe vielmehr um die Abstufung der autoritären Machtausübung. Die meisten Menschen wollten Freiheitsrechte für sich selbst, wären aber bereit, die Rechte anderer einzuschränken. Das liege aber auch daran, dass staatliche Institutionen in den letzten 20 Jahren in ihren Zugriffsrechten auf die Bürger stärker geworden seien, so Decker.

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Shownotes
Studie zu Ausländerfeindlichkeit
Jeder Zweite fühlt sich manchmal "fremd im eigenen Land"
vom 07. November 2018
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Oliver Decker, Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Universität Leipzig