Das Internet ohne Wikipedia? Eigentlich kaum vorstellbar. Schließlich wird die Online-Enzyklopädie millionenfach am Tag aufgerufen. Doch Wikipedia kriegt das kostenlose Angebot schwer finanziert und braucht Geld. Das soll sich jetzt ändern. Die Informationen sollen trotzdem weiterhin kostenlos bleiben.
Vor zwanzig Jahren startete die deutschsprachige Version von Wikipedia. Seitdem nutzen wir das digitale Nachschlagewerk jeden Tag. Durchschnittlich werden die Seiten hierzulande etwa eine Milliarde Mal im Monat aufgerufen, beziehungsweise haben sie mehr als 30 Millionen Aufrufe pro Tag oder 24.000 pro Minute, rechnet unser Netz-Reporter Andreas Noll vor.
"Im Schnitt werden die Seiten der deutschsprachigen Wikipedia etwa eine Milliarde Mal im Monat aufgerufen. Das entspricht mehr als 30 Millionen Aufrufen pro Tag oder 24.000 pro Minute."
Doch zur Geschichte der Wikipedia gehört auch die ständige Suche nach neuen Einnahmequellen, um das Angebot zu finanzieren. Jetzt wurde eine Ankündigung gemacht, die einer kleinen Revolution gleichkommt: In Zukunft sollen Unternehmen für Wikipedia zahlen.
Informationen weiterhin kostenfrei
Gezahlt werden soll nur unter bestimmten Bedingungen. Die Nutzung von Wikipedia und auch der anderen Angebote der Muttergesellschaft Wikimedia sollen kostenfrei bleiben. Das gilt auch für Unternehmen, die die Informationen verwerten möchten.
Wikimedia möchte aber eine Unternehmens-Schnittstelle aufbauen, die die automatisierte Verwendung von Wikipedia-Informationen vereinfachen
soll. Und für die Nutzung dieser Schnittstelle API, wie es in der IT-Sprache heißt, will die Wikimedia Geld haben.
"Die Nutzung der Wikipedia, aber auch der anderen Angebote der Muttergesellschaft Wikimedia, bleiben kostenfrei."
Beispiele automatisierter Verwendungen sind die Sprachassistentinnen. Siri und Alexa sind in manchen Bereichen so auskunftsfreudig, weil sie mit Informationen aus der Wikipedia unsere Fragen beantworten. Auch die Kacheln mit Wikipedia-Informationen, die uns in Suchmaschinen angezeigt werden oder Kartenanbieter, die Wikipedia-Inhalte verwenden, zählen dazu. Die Beispiele zeigen: Wikipedia wird vor allem für die Internet-Giganten kostenpflichtig und nicht für den kleinen Mittelständler.
Finanzierung soll transparenter werden
Mit der Neuerung will Wikipedia ein zweites Finanzierungsstandbein aufbauen. Bislang läuft die Finanzierung der Enzyklopädie über Spenden. Die Spendenaktionen sind zwar bislang immer recht erfolgreich, sind in der Wikipedia-Community jedoch umstritten. Das Vermögen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und liegt bei mehr als 150 Millionen US-Dollar. Warum nicht unabhängiger werden von den Spendenaufrufen, fragen sich manche Nutzerinnen und Nutzer.
Fast die gesamte Tech-Branche aus dem Silicon Valley spendet jährlich große Summen an Wikipedia. Dafür werten Informationen der Wikipedia natürlich auch die Angebote wie Google oder auch Siri auf. Inoffiziell ist das ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, sagt Andreas Noll. Mit der Schnittstelle soll der Geldfluss jetzt transparenter werden, weil es dann auch eine Rechnung gibt.
In der Netz-Gemeinschaft ist der neue Kurs von Wikipedia nicht unumstritten – so wie alles, was mit Kommerzialisierung zu tun hat. Schon die Tatsache, dass die Sprachassistentinnen von Apple und Amazon Geld mit den Informationen verdienen, die Freiwillige bei der Wikipedia zusammengetragen haben, stößt vielen auf, sagt Andreas Noll. Bedenken gibt es auch, dass das neue Finanzierungsmodell neue Abhängigkeiten von den IT-Giganten schaffen könnte, die dann zum zahlenden Kunden werden.
"Dieser neue Kommerzialisierungsschritt ist natürlich nicht unumstritten, weil er neue Abhängigkeiten von den IT-Giganten schafft, die dann plötzlich zum zahlenden Kunden werden."