Wie alt ein Baum ist, sehen wir an den Jahresringen. Die sind wie ein Archiv seines Lebens. Etwas Vergleichbares gibt es auch beim Menschen. Forschende haben herausgefunden: Unsere Zähne sind so etwas ähnliches wie unser ganz persönliches Archiv.
Forschende aus der Archäologie können an den Zähnen ablesen, wie alt ein Mensch geworden ist, oder was er gerne gegessen hat. Dazu schauen sich die Archäologen in der Regel an, wie abgenutzt die Zähne sind oder sie analysieren den Zahnschmelz. Solche Methoden sind aber nur begrenzt aussagekräftig. Denn der Zahnschmelz beispielsweise wird nur bis zu einem bestimmten Alter produziert.
Wurzelelement sagt mehr aus als Zahnschmelz
Wenn also jemand mit 50 Jahren in die Menopause kommt oder umzieht, können Forschende das nicht am Zahnschmelz ablesen. Aber am Wurzelzement, das die Zahnwurzel schützt. Diese Schutzschicht haben sich Forschende der New York University genauer angesehen.
Bei 50 verstorbenen Personen haben sie das Wurzelelement untersucht. Weil alle Fälle aus einer Skelett-Sammlung stammten, hatten die Forschenden Infos zum Leben der Verstorbenen. Deswegen wussten sie zum Beispiel, dass eine der Frauen mit etwa 18 Jahren vom Land in die Stadt gezogen ist. Ungefähr zur gleichen Zeit hat sich auch ihr Wurzelzement verändert.
"Die Forschenden sagen, dass sie zum Beispiel erkennen konnten, wann eine Frau ein Kind bekommen hat und wann ihre Menopause einsetzte."
Die Wurzelzementschicht ist ähnlich aufgebaut wie die Jahresringe bei einem Baum. Je älter wir werden, desto dicker wird die Schicht. Wenn ein Mensch aber großen körperlichen Stress hat, dann sind die neuen Schichten, die dazukommen, etwas dünner als sonst. Der Stress verändert eben auch den Mineralienhaushalt im Körper. Wenn eine Frau stillt, ist weniger Kalzium in ihren Knochen. Weil Zähne zum Skelett gehören, sind solche Veränderungen auch dort erkennbar.
Menopause, Krankheiten, Stillzeit
Bei Männern hat sich das Wurzelelement im Alter von 20 Jahren verändert. Ab diesem Alter sinkt der Testosteronspiegel langsam. Krankheiten, die den gesamten Organismus betreffen, wie Leukämie oder Diabetes, sind auch erkennbar.
"Auch äußere Umstände setzen den Körper unter einen gewissen Stress – zum Beispiel, wenn sich durch eine neue Umgebung Essen und Lebensgewohnheiten ändern oder wenn jemand in Gefangenschaft geraten ist."
Gefangenschaft und Stress konnten die Forschenden auch anhand der Zähne nachweisen. Es gibt aber auch Grenzen bei dieser Methode: So ist es nicht möglich, aufgrund der Dicke der Wurzelzementschicht Rückschlüsse auf das Alter der Person ziehen, in dem sie gestorben ist. Denn die Schicht wächst bei jedem individuell und ist von Zahn zu Zahn unterschiedlich.
Methode hat Grenzen
Die Methode ist vor allem für die Archäologie interessant, um menschliche Überreste genauer zu untersuchen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn auch etwas über die Lebensumstände der Person bekannt ist, denn sonst erkennt sie nur, dass sich zu einer bestimmten Zeit etwas im Leben dieses Menschen geändert hat – aber nicht warum.