Weltweit werden offenbar immer mehr Menschen Opfer von moderner Sklaverei. Die australische Menschenrechtsorganisation Walk Free spricht in in einem Bericht von etwa 50 Millionen Menschen – zehn Millionen mehr als im letzten Bericht vor fünf Jahren.
Moderne Sklaverei beschreibt laut Walk Free ein Ausbeutungsverhältnis: Menschen werden von anderen Menschen dazu gezwungen, Dinge zu tun, die sie freiwillig nicht tun würden. Das kann bei der Arbeit, aber auch im privaten Umfeld sein. Stichwort: Zwangsheirat. Laut der Organisation:
- befinden sich knapp 28 Millionen Menschen weltweit in einem ZwangsARBEITSverhältnis
- leben etwa 22 Millionen Menschen in einem ZwangsHEIRATSverhältnis
Am gravierendsten sind die Probleme mit moderner Sklaverei dem jüngsten Bericht nach in Nordkorea, Eritrea, Mauretanien, Saudi-Arabien, der Türkei, Tadschikistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Russland, Afghanistan und Kuwait.
Oft sind Flüchtende betroffen
Am stärksten betroffen sind der Menschenrechtsorganisation zufolge Menschen – oft junge Frauen – die auf der Flucht sind oder waren, weil sie wegen des Klimawandels oder Konflikten ihre Heimat verlassen mussten.
"Laut Walk Free sind auch 1,1 Millionen Menschen in den USA in einem Ausbeutungsverhältnis gefangen."
Moderne Sklaverei ist aber nicht nur ein Problem in Entwicklungsländern. Es gibt auch viele Industriestaaten, in denen es – wenn auch seltener – solche Sklavenverhältnisse gibt: Laut Walk Free betrifft das zum Beispiel 1,1 Millionen Menschen in den USA.
Das Problem mit den Lieferketten
Und: Auch wenn die Zahlen solcher Ausbeutungsverhältnisse in den G20-Staaten niedriger sind – die Verantwortung, dass so viele Menschen weltweit in moderner Sklaverei leben, tragen etwa zur Hälfte genau diese Staaten, also die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, stellt die Menschenrechtsorganisation klar.
"Etwa die Hälfte der Opfer moderner Sklaverei müssen sich die G20-Staaten über ihre Lieferketten zurechnen lassen, wird im Fazit des Berichts beklagt."
Vor allem Elektronik, Kleidung, Gewürze oder Palmöl seien Importgüter, die häufig unter den Bedingungen moderner Sklaverei hergestellt
werden, sagt Walk Free. Die Verantwortung dafür tragen die Verantwortlichen in den entsprechenden Unternehmen, die Politikerinnen und Politiker, die den gesetzlichen Rahmen vorgeben - aber eben auch wir alle, über die Produkte, die wir kaufen.
"Hauptsache billig" scheint in diesem Fall die falsche Maxime, um die Ausbeutungsverhältnisse weltweit zu reduzieren.
Elektronik, Kleidung, Gewürze, Palmöl
Die Bekämpfung solcher Ausbeutungsverhältnisse ist auch ein Ziel der Uno-Agenda für 2030. Walk Free fordert jedoch deutlich mehr Engagement und rechtlich bindende Regelungen statt bloßer Versprechen und Absichtserklärungen. Die G20 müssten zum Beispiel wirksame Lieferkettengesetze verabschieden, die moderne Sklaverei ausschließen. Deutschland wird hier explizit gelobt – allerdings wird auch gesagt, dass die Bemühungen noch nicht ausreichen.
Walk Free fordert die Regierungen dazu auf, auch bei der humanitären Hilfe und beim Aufbau einer grünen Wirtschaft noch viel stärker auf das Problem moderner Sklaverei zu achten – konkret zum Beispiel, dass Kooperationen mit repressiven Regimen nicht zusätzlich dazu beitragen, dass dort dann staatliche Zwangsarbeit verordnet wird.
Info: Unser Bild oben (Archivbild vom 05.01.2017) zeigt Gastarbeiter, die die Dachkonstruktion des Khalifa International Stadions westlich von Doha befestigen, das für die Fußball-WM 2022 in Katar gebaut wurde. An den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten gab es weltweit Kritik.