Krämpfe, Übelkeit, Abgeschlagenheit: Damit Mitarbeitende mit solchen Schmerzen während der Menstruation zu Hause bleiben dürfen, hat eine Berliner Firma das Konzept der "Moon Days" eingeführt. Die Stimmung im Team ist sehr gut, berichtet der Geschäftsführer.

Alle, die während der Menstruation starke Schmerzen haben, müssen nicht zur Arbeit kommen. Spanien hat diese Regelung per Gesetz beschlossen. Damit ist es das erste Land in Europa. In Südkorea oder Taiwan gibt es ähnliche Gesetze seit Jahrzehnten.

Period Policies als freiwillige Maßnahme

In Europa haben Unternehmen vereinzelt solche Maßnahmen, die auch als Period Policies oder Menstrual leave bekannt sind, bisher immer von sich aus umgesetzt. Eines davon ist die Berliner Firma "Queere Haushaltshilfe". Dort gibt es seit zwei Jahren das Konzept der sogenannten Moon Days.

Mitarbeitende der Berliner Firma können zu Hause bleiben, wenn sie Regelschmerzen haben. Ein Attest brauchen sie erst ab dem zweiten Tag. Mittlerweile ist diese Regelung auch fester Bestandteil der Arbeitsverträge der Firma, sagt Geschäftsführer Marius Baumgärtel.

"Die Moon Days werden gerne angenommen und nicht ausgenutzt. Die Stimmung ist super."
Marius Baumgärtel, Geschäftsführer "Queere Haushaltshilfe"

"Wenn ich Bewerbenden davon erzähle, fallen die vom Glauben ab", erzählt er. Für die meisten sei das Konzept eine absolute Neuheit. Marius Baumgärtel sieht die "Moon Days" als Schritt, das Miteinander im Team zu stärken und Arbeit sozialer auszurichten. "Das nimmt auch die Hürde, Klartext zu reden, wenn es größere Probleme gibt, statt alles hinunterzuschlucken und zu denken, ich kann mich auf der Arbeit nicht so zeigen, wie ich bin", sagt der Geschäftsführer.

"Durchweg positive Erfahrungen"

In den vergangenen zwei Jahren habe die Firma durchweg positive Erfahrungen mit der Regelung bei Menstruationsschmerzen gemacht. Marius Baumgärtel konnte nicht feststellen, dass Mitarbeitende die "Moon Days" in irgendeiner Form ausgenutzt hätten.

Er kennt dieses Argument allerdings aus Diskussionen darüber. In seinem Bekanntenkreis wurde er auch schon darauf angesprochen, dass Mitarbeitende sich vor der Arbeit drücken und Periodenschmerzen als Vorwand angeben könnten. Ihnen kann Marius Baumgärtel nach zwei Jahren Erfahrung jetzt mit Zahlen gegenüber treten. Er führt eine Statistik darüber, wie oft die "Moon Days" genutzt werden und sagt: Ein Missbrauch findet nicht statt.

"Ich muss keine Angst haben, ich zu sein oder zu zugeben, dass manche Dinge einfach wehtun. Niemand braucht mehr behaupten, er oder sie hätte Migräne, wenn es eigentlich Menstruationsschmerzen sind."
Marius Baumgärtel, Geschäftsführer "Queere Haushaltshilfe"

Mitarbeitenden manchmal noch zurückhaltend

Vielmehr seien manche seiner Mitarbeitenden weiter zögerlich, die Regelung auch in Anspruch zu nehmen. Er beobachtet, dass eher die Jüngeren in seinem Team auf die "Moon Days" zurückgreifen. Warum das so ist, weiß Marius Baumgärtel nicht. "Vielleicht liegt es daran, dass man im Alter weniger schmerzempfindlich ist. Oder daran, dass man so erzogen wurde."

Für den Geschäftsführer ist klar: Er möchte Arbeitsprozesse mit seinem Team neu denken und verschiedene Möglichkeiten ausprobieren. Das rät er auch anderen Chef*innen. Wir könnten nur dann in einer modernen, chancengleichen und weiterentwickelten Gesellschaft leben, wenn wir Dinge ausprobieren würden.

Shownotes
Berliner Firma
Bei Regelschmerzen dürfen Mitarbeitende zu Hause bleiben
vom 22. Februar 2023
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartner: 
Marius Baumgärtel, Geschäftsführer "Queere Haushaltshilfe"