Eine Metastudie der Uni Augsburg zeigt: Das Smartphone verschlechtert unsere Gedächtnisleistung und macht uns im schlimmsten Fall abhängig. Und das, obwohl es uns auch stresst. Wie wir digitalem Stress entkommen, hat der Forschungsverbund ForDigitHealth untersucht.

Die Metastudie der Uni Augsburg hat 22 Untersuchungen zu Hirnprozessen und Smartphones neu analysiert. Sie kommt zum Ergebnis, dass das Smartphone unsere Gehirnleistung verschlechtert, ein Prozess, den man auch "Brain-Drain-Effekt" nennt. Insgesamt hat die Studie 43 Effekte nachgewiesen. Zum Beispiel, was die verschiedenen Gedächtnisformen angeht, aber auch die akute Aufmerksamkeit oder die kognitive Leistung, etwa die Wahrnehmung, Lern- und Problemlösungen.

Verschmelzung von Smartphone und Mensch

Wenn das Smartphone dabei ist, beeinflusst das auch unsere Aufmerksamkeit. Sogar wenn wir es nicht dabei haben, kann es uns stressen – das passiere vor allem bei Leuten, die sehr viel Zeit mit ihrem Smartphone verbringen und womöglich schon abhängig sind, sagt Studienleiter Klaus Zierer.

Kathrin Sielker, Deutschlandfunk Nova, über die Ergebnisse der Metastudie
"Das heißt, du bist abgelenkt, deine Hirnprozesse sind beeinflusst, ohne dass das Telefon in der Nähe ist. Aus Sicht der Verhaltenspsychologie bist du dann leider schon abhängig von deinem Smartphone."

Stressen kann uns aber nicht nur unser Smartphone: Die Digitalisierung bekommen wir auf verschiedenen Wegen auch im Privaten oder bei der Arbeit zu spüren, mit immer neuen Programmen, Apps und KI.

Stress durch digitales Leben

Zu den Ursachen von digitalem Stress gehören Faktoren wie Techno Overload, Techno Complexity und Techno Invasion.

  1. Techno Overload: Dazu zählen beispielsweise ein zu volles Mailpostfach plus massenhaft Messengeranfragen.
  2. Techno Complexity: Dieser Begriff umschreibt den Fakt, wenn uns beispielsweise schwierig zu bedienende Programme oder Apps überfordern.
  3. Techno Invasion: Wenn die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen, weil wir immer und überall erreichbar sind.

Vier Jahre lang hat das Forschungsteam von ForDigitHealth digitalen Stress untersucht und versucht, Gründe und Lösungen zu finden, etwa durch Reflexion, Pausenzeiten oder auch die Nutzung anderer Technologien, die nutzerfreundlicher sind.

App zum mentalen und digitalen Wohlbefinden

Aus ihren Erkenntnissen haben die Wissenschaftler eine App entwickelt, die den Nutzern einen Überblick über ihr digitales Handeln verschaffen soll. Es geht darum, beispielsweise zurückzuspiegeln, wie häufig und warum jemand sein Smartphone in der Hand hält. Die App, die gerade als Prototyp getestet wird, bietet so eine Möglichkeit, durch Selbstreflexion das eigene Verhalten zu hinterfragen.

"Die App sagt basierend auf deinem Nutzungsverhalten, dass es für dich möglicherweise gut wäre, wenn du dir mal zwei Stunden am Nachmittag blockst, in denen du wirklich nur Nachrichten abarbeitest."
Manfred Schoch, Wirtschaftsinformatiker

Außerdem macht die App basierend auf den Daten, die sie sammelt, gezielt Vorschläge, wie digitaler Stress reduziert werden kann: Zum Beispiel kann sie einem raten, das Handy nur am Nachmittag zu benutzen. Oder sie schlägt vor, bei einem täglichen Spaziergang am Abend das Handy zu Hause zu lassen, erklärt Manfred Schoch, Wirtschaftsinformatiker und Mitentwickelter der App.

Shownotes
Mental Health
Dem digitalen Stress entkommen
vom 19. September 2023
Moderator: 
Christoph Sterz
Autor: 
Stephan Beuting, Deutschlandfunk-Nova-Reporter