Mehr leisten, kreativer sein, konzentrierter und wacher – klingt super. Das wünschen wir uns vielleicht alle gelegentlich. "Wir haben die Lösung", behauptet die Szene der sogenannten Microdoser. Sie nehmen sehr geringe Mengen LSD und erhoffen sich dadurch mehr Erfolg im Job – sogar generell im Leben. Ganz so einfach und ungefährlich ist es dann aber doch nicht.

Die Idee kommt aus dem Silicon Valley. Da sitzen viele junge Unternehmen und es wird sehr viel gearbeitet. Um permanent diesen hohen Leistungsanforderungen zu entsprechen, haben dort einige Menschen angefangen, winzige Dosen LSD zu nehmen. Sie erhoffen sich dadurch fitter und kreativer zu sein. Auch bei uns in Deutschland findet man immer mehr Erfahrungsberichte mit dem Microdosing. Der Youtuber "Hyperraum" erzählt zum Beispiel in einem Video von seinen Erfahrungen: "Wenn ich die Microdosis mit dem Frühstück eingenommen habe, dann habe ich mich den ganzen Tag über sehr wach, sehr aktiv gefühlt und auch sehr konzentriert."

Auch bei Reddit gibt es diverse Diskussionen, in denen sich User über ihre Erfahrungen mit Microdosing austauschen. Der Microdosing-Channel hat mehr als 50.000 Mitglieder. Dabei geht es nicht nur um LSD, sondern auch um andere Substanzen, die in kleinen Dosen eingenommen werden.

Eine Dosis sind dann etwa 5 bis 20 Mikrogramm LSD. Das ist etwa ein Zehntel von dem, was Menschen einnehmen, die einen LSD-Rausch haben wollen. Der zweite Unterschied: Beim Microdosing nehmen die Konsumentinnen und Konsumenten recht regelmäßig diese kleine Dosis LSD ein. Das variiert dann von täglich bis hin zu mehrmals wöchentlich. Andere beschränken ihre Mini-Dosen auf spezielle Termine, an denen sie gute Leistungen abrufen möchten.

"Es kann sein, dass die Leute einem Placebo-Effekt unterliegen."
Katrin Preller, Ärztin an der psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich

LSD ist eine illegale Droge und hat auch den Ruf, Psychosen auszulösen. Wie hoch das Risiko bei diesen sehr kleinen Dosen ist, das ist noch sehr unklar. Genauso wenig ist darüber bekannt, ob eine Mikrodosis überhaupt noch einen Effekt hat. In einer neuen Studie soll das nun genauer untersucht werden. Es gibt bisher sehr wenige Studien zum Thema und die, die es gibt, die entsprechen kaum wissenschaftlichen Standards. 

Katrin Preller ist Ärztin an der psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich und schätzt es so ein: "Es kann tatsächlich sein, dass die Einnahme von diesen Microdosen eine leistungssteigernde Wirkung hat." Andererseits könne es auch ein Placebo-Effekt sein, den die Konsumenten spüren. Katrin Preller gibt zu bedenken, dass sie ein gewisses Maß an Arbeit investieren müssen, um die illegalen Substanzen wie LSD zu beschaffen. Für die Forschung ist es aber durchaus interessant, denn – in welcher Form auch immer – die Substanzen haben Auswirkungen auf die Psyche.

LSD und Psychedelika als Mittel gegen Depressionen

Das könnte beispielsweise interessant sein bei der Behandlung von Depressionen. LSD und andere Psychedelika können Menschen in positive Rauschzustände versetzen und haben laut Forschung wenig Suchtpotenzial, zumindest kein körperliches. Eine andere Idee. Sie könnten verdrängte Erinnerungen zurückholen und so zum Beispiel bei der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung eingesetzt werden. Ob und wie das machbar sein könnte, wird derzeit unter anderem in England und in der Schweiz erforscht. Das Procedere ist allerdings sehr aufwändig, weil die Substanzen zum Teil lange wirken und die Testpersonen natürlich kontinuierlich beobachtet und betreut werden müssen.

"Die Ergebnisse, die uns im Moment vorliegen, die deuten tatsächlich darauf hin, dass Psychedelika eine anti-depressive Wirkung haben könnten. "
Katrin Preller, Ärztin an der psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich

Katrin Preller sagt, dass erste Ergebnisse darauf hinweisen, dass Psychedelika eine anti-depressive Wirkung haben könnten. Wenn sich das in weiteren Studien bestätigt, dann gebe es tatsächlich die Möglichkeit, dass die Substanzen irgendwann als Medikamente auf den Markt kommen.

Sehr wahrscheinlich werden das dann aber höhere Dosen sein als sie beim Microdosing eingesetzt werden. Und natürlich könnte man sich das dann nicht einfach selbst verabreichen so wie es die Microdoser machen, denn LSD ist eben eine illegale Droge und wäre in Medikamentenform sicher auch verschreibungspflichtig.

Mehr zum Thema: 

  • Microdosing: Ein kleines bisschen LSD  |   Yogis, Künstler, Selbstoptimierer - sie setzen neuerdings auf LSD. Allerdings in Mini-Dosen. Ärzte halten nichts davon. Unsere Reporterin Gesine Kühne hat die Anwenderin Fiona besucht und mit einem Wissenschaftler gesprochen.
  • Drogen: Microdosing im Silicon Valley  |   Wer im Silicon Valley arbeitet, ist anders drauf, als Normalsterbliche. Mehr Arbeit, mehr Geld, mehr Stress. Und weil das ganz schön schlaucht, helfen einige ihrer Leistungsfähigkeit auf die Sprünge. Früher ganz klassisch mit Aderall und Ritalin. Und heute geht es um Microdosing von LSD und halluzinogenen Pilzen. Alles, um die bordeigene Festplatte zu tunen.
  • Biohacking im Silicon Valley: Demenzmittel und Drogen, in der Hoffnung auf mehr Leistung  |   Im Silicon Valley gibt es verschiedene Ansätze, um die eigene Kreativität und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Die Bandbreite reicht von Vitaminen über Hormone, Medikamente, Fasten bis hin zu Drogen und Bluttransfusionen.
Shownotes
Microdosing
Ein bisschen LSD für mehr Kreativität im Job
vom 08. März 2019
Gesprächspartnerin: 
Ilka Knigge, Deutschlandfunk Nova
Moderator: 
Thilo Jahn