"Wunderkind", "Überfliegerin", "höchstbegabt" - über Minu Tizabi wurde schon Vieles geschrieben und gesagt. Mit 14 hat sie Abitur gemacht, dann Medizin studiert und mit 22 war sie Deutschlands jüngste Ärztin. Heute arbeitet sie in der Forschung und schreibt Bücher. Warum das so ist, und wie sie mit den Erwartungen anderer umgeht, erzählt sie im Gespräch.
Zur einen Hälfte ist Minu Tizabi Wissenschaftlerin. Sie arbeitet am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und beschäftigt sich dort mit der computerassistierten medizinischen Intervention - das heißt, mit der Erforschung einer künstlichen Intelligenz, die die Arbeit von Krebs-Chirurgen künftig unterstützen und verbessern soll.
Zur anderen Hälfte ist Minu Tizabi Schriftstellerin. Im Sommer wurde ihr Debütroman veröffentlicht, er heißt "Revolution morgen 12 Uhr." Und auch darin widmet sich die 29-Jährige einem medizinischen Thema: Ihr Protagonist sitzt mit Depressionen in der Psychiatrie fest. Er leidet unter Panikattacken - bevor er dann, zusammen mit anderen, auf eine lebensverändernde Reise geht.
"Momentan bin ich sehr glücklich mit dieser Art Doppelleben."
Geschrieben hat Minu Tizabi eigentlich schon immer gern, erzählt sie. Aber erst im "zweiten Teil ihres Lebens", wie sie es nennt, ist sie wirklich dazu gekommen. Den ersten Teil ihres Lebens, die Schule und das Studium, absolvierte sie eher im Schnelldurchgang: Als Hochbegabte übersprang sie schon in der Grundschule einige Klassen. Das Abitur hatte sie mit 14 in der Tasche. Es folgte ein Medizinstudium und mit 24 die Promotion. Dann nahm sie sich eine Auszeit.
"Es gab ziemlich viele Dinge, die über mich behauptet wurden, die auch irgendwie aus der Luft gegriffen waren."
Die hohen Erwartungen, die stets an sie gestellt wurden und der Medienrummel, den es um sie gab, haben sie eigentlich nicht gestresst, sagt sie. Sie kannte es ja nicht anders. Ihr Credo lautet: "Manchmal muss man solchen Erwartungen ganz ehrlich begegnen und wissen, wo die eigenen Grenzen sind."
"Ich habe gemerkt, dass mir diese Forschung an vorderster Front, wie ich es jetzt nennen würde, insgesamt eher nicht so liegt. Ich fand mich selber nicht talentiert genug dafür."
Das ist auch der Grund, welshalb Minu Tizabi der Forschung im Labor irgendwann den Rücken kehrt: Man muss dazu stehen, wenn man für etwas nicht gut genug ist - oder es einen nicht wirklich erfüllt, meint sie.
Im Bereich der Forschung gebe es teils einen sehr hohen Publikationsdruck, erzählt sie. Wissenschaftler würden an positiven Forschungsergebnissen gemessen und wo sie sie publizieren. "Das liegt mir nicht."
"In dem, was ich beruflich oder hauptsächlich in meinem Leben tue, möchte ich gerne gut sein."
Ihre jetzige Forschungsarbeit hingegen erfüllt Minu Tizabi und macht sie glücklich - und natürlich auch das Schreiben, ihre neue Leidenschaft: "Ich habe sehr, sehr viele Ideen und Geschichten im Kopf, die ich verwirklichen möchte", sagt sie.
Im Moment arbeitet sie an ihrem zweiten Roman, es wird eine sehr viel komplexere Geschichte werden, verrät sie. Und bisher ist sie noch nicht ganz zufrieden damit. Denn ihre eigenen Ansprüche an ihre Arbeit sind auch durchaus hoch: "Dass ich irgendetwas mache und darin nur mittelmäßig bin, das wäre mir nicht genug."