Die Berliner Polizeipräsidentin alle Fahrrädern mit Kennzeichen versehen lassen, um so die zunehmende Aggressivität von Radfahrenden zu zügeln. Die Idee ist nicht neu aber die statistischen Argumente, die dafür sprechen, sind schwach.
Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat öffentlich über eine Kennzeichnungspflicht für Fahrräder nachgedacht. Sie beobachte eine zunehmende Aggressivität im Straßenverkehr – auch bei Fahrradfahrenden. Die Maßnahme sei nötig, um schwächere Verkehrsteilnehmer zu schützen, hat Berlins oberste Polizistin erläutert.
Gemeint ist damit eine Vignette oder ein Aufkleber, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Rahel Klein. Anhand dieses verpflichtenden Erkennungszeichens hoffe die Polizei, Unfälle, die von Radfahrern verursacht werden, besser ahnden zu können. Der Berliner Verkehrspolitiker Oliver Friederici von der CDU unterstützt den Vorschlag der Berliner Polizeipräsidentin. Er möchte die Kennzeichnungspflicht auf ganz Deutschland ausweiten.
Statistik zählt auch Alleinunfälle
Zur Untermauerung ihres Vorschlags führt Barbara Slowik die folgende Statistik an: Mehr als 50 Prozent der Verkehrsunfälle mit Radfahrerinnen und Radfahrern in Berlin würden von diesen selbst verursacht.
In die Statistik fließen allerdings auch Alleinunfälle mit ein, teilt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, ein Lobbyverband von Radfahrenden, mit. Erfasst werde auch, wenn ein Radfahrer ohne Verschulden anderer stürzt. Bei Unfällen mit Beteiligung von Autofahrenden seien in Berlin diese zu 75 Prozent unfallverursachend.
Ergänzend lässt sich festhalten, dass die Verkehrsunfallstatistik für 2018 bei Schwerletzten und Toten fast ausschließlich Radfahrende und Fußgänger ausweist.
"Wenn man sich die reinen Unfälle zwischen Autos und Radfahrern und Radfahrerinnen anguckt, dann sind in der Hauptstadt zu 75 Prozent die Autofahrer schuld."
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub hält die Idee der Kennzeichenpflicht für Fahrräder angesichts von rund 75 Millionen Fahrrädern in Deutschland für kaum umsetzbar.
"Der ganze administrative Aufwand würde das Thema unattraktiv machen. Radfahren soll, von der Bundesregierung gewünscht, die Städte von zu viel Autoverkehr zu entlasten."
Der Fachverband Fußverkehr Deutschland ist auch nicht begeistert. Roland Stimpel aus dem Vereinsvorstand ist der Ansicht, dass die Nummernschilder doch zu klein wären, um sie richtig erkennen zu können. Stattdessen schlägt er breitere Radwege für Radfahrende und härtere Strafen vor.
In der Schweiz 2012 abgeschafft
In der Schweiz galt rund 100 Jahre eine Kennzeichnungspflicht für Fahrräder, berichtet unsere Reporterin. Diese Pflicht wurde in den 1890er Jahren eingeführt und 2012 abgeschafft – unter anderem wegen des zu hohen Verwaltungsaufwands.
"In den letzten Jahren war das eine Velo-Vignette, die man jährlich kaufen und anbringen musste. Gleichzeitig war das eine Haftpflichtversicherung bei Unfällen."
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