Das Fest zum neuen Mondjahr ist für China wie für viele andere asiatische Länder so wichtig wie für uns Weihnachten. Normalerweise kommen Familien aus der ganzen Welt dafür zusammen und feiern ein großes Fest. Wegen der Corona-Pandemie sieht dieses Jahr alles anders aus.
Nachdem es Anfang des Jahres zu kleineren Corona-Ausbrüchen in Peking und der Nachbarprovinz Hebei kam, gab es eine klare Ansage von der chinesischen Regierung: Bleibt über das Neujahrsfest da, wo ihr seid. Eine Ansage, die die Menschen in China immer noch sehr ernst nehmen, auch wenn es für viele in China eine sehr traurige Nachricht war. Denn das Fest zum neuen Mondjahr ist einer der seltenen Feiertage und das wichtigste Familienereignis des Jahres, berichtet die Journalistin Joyce Lok-Teng Lee.
"Die meisten feiern getrennt von der Familie. Das ist für viele sehr traurig: Viele sehen sich nur einmal im Jahr, weil sie zu weit weg leben und es wenige Feiertage gibt."
Auch wenn Peking mittlerweile wieder ein Niedrigrisikogebiet ist, verzichten viele Menschen auf die Fahrt zu ihrer Familie und feiern alleine oder im kleinen Kreis mit Freundinnen und Freunden.
Angst vor Regel-Änderungen
So zum Beispiel auch der junge Künstler Yuchen. Er wollte eigentlich zu seinen Eltern, kann aber verstehen, dass sich das Fest ohne diese strengen Maßnahmen nicht kontrollieren ließe.
"Ich finde, dass sich das chinesische Neujahrsfest sonst nicht kontrollieren lässt. Es würden einfach zu viele Leute hin und her fahren."
Jetzt feiert er im eben im kleinen Freundeskreis. So wie er haben die meisten zu viel Angst und wollen auch den Stress vermeiden, der auf sie zukommen würde, wenn es zu neuen Ausbrüchen und damit auch neuen Quarantäne-Regelungen kommen würde, sagt Joyce Lok-Teng Lee. Niemand wolle feststecken und nicht rechtzeitig auf die Arbeit zurückkommen können.
Wer zur Familie will, braucht Zeit und Geld
Linda Wu, die für eine deutsche Firma in der Provinz Hebei arbeitet, wollte unbedingt zu ihrer Familie in der Provinz Fuqing in Südchina. Dafür musste sie vor allem viel Zeit opfern. Denn bis vor einer Woche galt noch die Ansage, dass sie dort eine 14-tägige Quarantäne machen müsse. Da Linda das umgehen wollte, sei sie drei Wochen vorher in eine andere Provinz gefahren und hat dort gezwungenermaßen Urlaub gemacht, um die Zwangsquarantäne zu umgehen. Mittlerweile haben sich die Regeln wieder geändert und ihr Umweg war umsonst.
Für Lina Wu seien einige Maßnahmen übertrieben. Die Stadt Langfang, in der sie arbeitet, wurde Mitte Januar aufgrund eines einzigen Corona-Falls in einen siebentägigen Lockdown geschickt. Mit ihrer Kritik sei Linda aber in der Minderheit, sagt sie.
Auch Joyce Lok-Teng Lee wäre gerne nach China zu ihrer Familie geflogen, so wie viele andere Chinesinnen und Chinesen. Doch wer einreist, muss erstmal zwei Wochen in einer Kaserne oder einem Hotel in Quarantäne. Je nachdem, in welche Stadt man danach fahre, müsse man eventuell sogar durch eine zweite Quarantäne, erzählt sie. So viel Zeit und Geld hätten die wenigsten.
So viel Normalität wie möglich
Die jungen Leute, die in den Großstädten bleiben, feiern jetzt ihre ganz eigenen Feste. Da normalerweise alle Menschen bei ihren Familien wären, haben am chinesischen Neujahr viele Bars geschlossen. Jetzt aber haben viele Bars geöffnet und es gibt Events mit eingeschränkter Personenanzahl, bei denen die Menschen ihr Essen teilen und gemeinsam feiern, um zumindest etwas Normalität aufrecht zu erhalten, sagt Joyce Lok-Teng Lee.
"Leute bringen Essen mit und teilen das. Es wird alles getan, um das Neujahrsgefühl aufrechtzuerhalten."