Nach den massiven Übergriffen in der Silvesternacht fühlen sich viele Reisende unwohl und unsicher - viele würden den Hauptbahnhof am liebsten meiden. Gleichzeitig verändert sich auch die Stimmung gegenüber den Flüchtlingen und ihren Helfern.
Zehn Tage nach der Silvesternacht sind mehr als 500 Anzeigen bei der Kölner Polizei eingegangen. In 40 Prozent der Fälle wird wegen Sexualdelikten ermittelt. Die Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof haben die Stimmung unter Reisenden stark verändert. Viele - besonders junge Frauen - fühlen sich unwohl und verunsichert. "Ich habe den Eindruck, dass vor allem die Mädels ein mulmiges Gefühl haben und sich zweimal überlegen, ob sie den Weg über den Hauptbahnhof nehmen“, sagt unsere Reporterin Rahel Klein, die abends am Hauptbahnhof unterwegs war.
Im und um den Hauptbahnhof herum patrouillieren nun deutlich mehr Polizisten. Sie sollen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Gleichzeitig erinnern sie aber auch an die Übergriffe.
"Man denkt natürlich: Wenn hier immer noch so viel Polizei ist, dann muss das ja auch irgendeinen Grund haben."
Auch die Stimmung gegenüber Flüchtlingen und deren Helfern hat sich verändert. Viele Ladenbesitzer im Bahnhof sagen, dass immer mehr negative Kommentare über Flüchtlinge geäußert werden. Mitarbeiter von der Hilfsorganisation "City of Hope", die ankommende Flüchtlinge am Kölner Hauptbahnhof versorgen, berichten, dass auch sie anders angesehen werden: "Die Leuten scheinen weniger positiv und neugierig zu sein", sagen sie. Auch die Helfer sind jetzt vorsichtiger geworden, laufen nur noch in Gruppen im Bahnhof umher.
Flüchtlinge verteilen Rosen
Am Bahnhofsvorplatz in Köln steht Majd mit vier seiner Freunde. Sie sind vor fünf Monaten aus Syrien geflohen, leben jetzt in Bamberg und sind an diesem Samstagabend durch halb Deutschland gereist, um Rosen am Hauptbahnhof zu verteilen. Um sich von den Übergriffen zu distanzieren. Weil immer wieder von nordafrikanischen Tätern oder Asylbewerbern die Rede ist, scheint die Stimmung langsam zu kippen. Statt zu differenzieren und weitere Ermittlungsergebnisse abzuwarten, nutzen Kritiker die Ereignisse, um gegen Flüchtlinge insgesamt zu hetzen.
„We are here, just to say to the German people that you gave us everything, the food, the water, that place where we are very safe now. Thank you very much. I hope that people then will accept that.”
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