Julienne ist 33 Jahre alt und Lehrerin. Sie ist mit einigen ehemaligen Schüler*innen befreundet. Soziologin Julia Hahmann erklärt, welche Rolle das Machtverhältnis dabei spielt.

Zu dem erweiterten Freundeskreis von Julienne gehören circa zehn ehemalige Schülerinnen und Schülern im Alter von 17 bis 24 Jahren. Mit einigen von ihnen ist sie auch enger befreundet.

"Das sind ehemalige Schülerinnen und Schüler. Das ist für mich ganz wichtig."
Julienne, Lehrerin

Julienne unterrichtet an einer integrativen Gesamtschule. Die Lehrer-Schüler-Beziehung hat hier einen großen Stellenwert. Sympathien, zum Beispiel aufgrund von gemeinsamen Interessen wie Gaming, Serien oder Anime, können sich schon früher aufbauen, zur Freundschaft komme es aber erst nach der Schulzeit. Das sei Julienne sehr wichtig.

Auch Julienne war mit ihrer Lehrerin befreundet

Beim Abschlussfest oder einem Abiball bietet Julienne dann gerne das Du an. Manchmal werden auch Nummern getauscht, sagt sie. Die Frage, ob man nicht nach der Schulzeit in Verbindung bleiben könne, gehe nicht immer nur von ihr aus.

"Vielleicht habe ich deswegen auch nicht so die Hemmschwelle. Ich habe mich nach dem Abi auch regelmäßig mit meiner Philosophielehrerin getroffen."
Julienn, Lehrerin

In ihrem Kollegium stoßen die Schüler-Freundschaften mitunter auf Unverständnis, aber Julienne hat diese Hemmschwelle einfach nicht, sagt sie. Sie selbst sei nach ihrem Abitur mit ihrer alten Philosophielehrerin befreundet gewesen.

Freundin und Lebensberaterin

Hobbys, ein guter Film, Kinobesuche, Brettspiele oder Lesegruppen – über gemeinsame Interessen könne sich mit manchen Ex-Schülerinnen und -Schülern über die Zeit gut funktionierende Freundschaften entwickeln.

Zwar gebe es Fälle in ähnlichen Konstellationen, bei denen Menschen ihre Machtposition für ihre eigenen Interessen ausnutzen würden, bei Julienne sei das nicht so. Sie sieht sich auch des Altersunterschiedes wegen in der Rolle einer Lebensberaterin. Dabei möchte sie nicht altklug daherkommen, sondern interessiere sich wirklich für das, was sie ihr erzählen.

Freundschaft funktionieren nur ohne Hierarchien

In der Schule seien Schüler und Lehrpersonal auf bestimmte Rollen festgelegt, die auch von einem Machtverhältnis geprägt sind, sagt die Soziologin Julia Hahmann. Damit sich später daraus Freundschaften entwickeln können, müssen sich diese Rollen ändern.

"In der Freundschaftsforschung spricht man davon, dass man von diesen Rollen abweichen und persönliche Anteile zeigen muss, damit es überhaupt möglich ist, eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen."
Julia Hahmann, Soziologin

Das heißt zum Beispiel, dass Lehrende Teile von sich zeigen, die nicht zu ihrer ursprünglichen Rolle gehören und sich als nahbar, als einer Person ähnlich oder an ihr interessiert zeigen, so die Soziologin. So richtig entwickeln können sich eine Freundschaft darum auch erst nach der Schulzeit. Erst dann gebe es keine Hierarchien mehr und mit der Zeit könne sich eine Balance des Redens und gegenseitigen Zuhörers einstellen.

Altersunterschiede kein großes Problem

Studium, Ausbildung oder Berufseinstieg – häufig gibt es Freundschaften zwischen Menschen, die sich in einer ähnlichen Lebensphase befinden, so die Soziologin.

"Altersunterschiede sind kein Ausschlusskriterium, aber es ist wahrscheinlicher, dass man gleichaltrige Freunde hat."
Julia Hahmann, Soziologin

Meist haben wir Freunde in unserem Alter, aber grundsätzlich spiele der Altersunterschied eher keine Rolle. Freundschaft könne dann auch andere spannende Themen zum Inhalt haben.

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Shownotes
Nach der Schule
Wenn Lehrer und Schüler befreundet sind
vom 24. Juli 2023
Moderator: 
Dominik Schottner
Gesprächspartenerin: 
Julienne, Lehrerin
Gesprächspartenerin: 
Julia Hahmann, Soziologin
  • Julienne ist mit ihren ehemaligen Schülern befreundet
  • Julia Hahmann forscht über Freundschaft