Weltweit ist die Zahl judenfeindlicher Vorfälle im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das besagt der neue Antisemitismusbericht der Uni Tel Aviv und der Anti-Defamation League (ADL). Dabei richtet sich der Blick auch nach Deutschland.

In dem Bericht steht, dass der Angriff der radikalislamistischen Terrororganisation Hamas und der dadurch ausgelöste Gazakrieg weltweit eine riesige Antisemitismus-Welle ausgelöst haben. Die Autor*innen der Uni Tel Aviv blicken in Zusammenarbeit mit der ADL auf Länder, in denen es große jüdische Communities gibt – beispielsweise die USA. Dort leben mit sechs Millionen Jüdinnen und Juden mit Abstand die meisten außerhalb Israels.

Anstieg antisemitischer Übergriffe seit Jahren

Der Blick in der Studie richtet sich außerdem nach Frankreich, Kanada, Argentinien, Russland, Australien oder Südafrika – und auch nach Deutschland. In Deutschland wurden zwischen Januar und September knapp 1.400 antisemitische Übergriffe registriert. Von Oktober bis Dezember wurden mehr als 2.200 antisemitische Übergriffe gezählt. Das geht aus Zahlen von Polizeibehörden hervor. Als antisemitische Übergriffe zählen die Studienautor*innen Schmierereien, verbale Attacken, aber auch tätliche Angriffe oder Brandanschläge.

"Die Studie schaut auf die Zahl antisemitischer Übergriffe. Dazu zählen Schmierereien, verbale Attacken, aber auch tätliche Angriffe oder Brandanschläge."
Jakob Vogel, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Verbreitung antisemitischer Erzählungen über Social Media

Die jedes Jahr neu publizierte Studie zeigt in der Erhebung für 2023, dass die Zahl der Übergriffe seit dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel deutlich gestiegen ist. Weiter heißt es aber auch, dass ein Anstieg antisemitischer Übergriffe bereits seit Jahren festzustellen ist. Demnach haben wir es aktuell mit der größten Antisemitismus-Welle seit dem Zweiten Weltkrieg zu tun. Auch wenn die Veröffentlichung sicher eine alarmierende Wirkung haben soll, meint Deutschlandfunk-Nova-Reporter Jakob Vogel, warnen die Autorinnen und Autoren vor Panikmache.

"Die Autor*innen sagen, dass wir nicht im Jahr 1939, auch nicht 1942 leben. Die Gefahr, in der Juden heute weltweit leben, sollte nicht überbewertet werden. Dennoch sei Antisemitismus ein weltweiter Brand, der mit dem Krieg in Gaza nochmal mehr außer Kontrolle geraten ist."
Jakob Vogel, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Als Hauptursache für den weltweit steigenden Judenhass führt die Studie an, dass er in der Gesellschaft angekommen ist – Antisemitismus komme sowohl von der politisch extrem linken Seite als auch von der extrem rechten Seite und greift auch immer mehr über in die Mitte von Gesellschaften. Ein Grund dafür sei Social Media. Dort werden antisemitische Botschaften, Unwahrheiten, Verleumdungen und Verschwörungserzählungen verbreitet – ohne, dass dort jemand zur Rechenschaft gezogen wird. Und das übertrage sich dann eben auch ins reale Leben – und lässt Jüdinnen und Juden weltweit weniger sicher leben.

Shownotes
Antisemitismusbericht
Zahl judenfeindlicher Übergriffe ist 2023 angestiegen
vom 06. Mai 2024
Moderation: 
Thilo Jahn, Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Jakob Vogel, Deutschlandfunk-Nova-Reporter