Bisher war die gängige Annahme, dass der Neandertaler vor rund 40.000 Jahren ausgestorben ist, weil der Homo Sapiens ihm überlegen war. Forschende aus den Niederlanden haben Zweifel an der Theorie und vermuten, dass der Neandertaler eher Pech gehabt hat.

Bis vor rund 40.000 Jahren war der moderne Mensch – Homo Sapiens – nicht allein auf dem Planeten. Da gab es noch die Neandertaler, die zuvor 250.000 Jahre auf der Erde gelebt hatten. Doch sie starben aus und die Wissenschaft rätselt, warum.

Bevor die Neandertaler ausstarben, besiedelten sie zeitweise große Teile Europas. Bisher wurde angenommen, dass der Homo Sapiens dem Neandertaler überlegen gewesen sei und ihn schlicht verdrängt habe. Von Forschenden aus den Niederlanden kommt jetzt aber Widerspruch.

Neandertaler waren zu wenige

Sie haben ausgerechnet, dass der Neandertaler einfach Pech gehabt haben könnte und dass es einfach zu wenige seiner Art gab. Möglicherweise hat eine Kombination aus Inzucht, genetischer Verarmung und Zufall dazu geführt, dass er ausstarb – ähnlich wie bei bedrohten Tierarten, die einfach in zu kleinen Gruppen leben und schließlich aussterben.

Neandertaler lebten weit verstreut

Zu Spitzenzeiten dürfte es der Neandertaler in Europa auf eine Population von 10.000 bis maximal 70.000 geschafft haben. Allerdings haben die Neandertaler nicht eng beieinander gewohnt, sondern lebten weit verstreut.

Den Forschenden aus den Niederlanden geht es auch darum, zu zeigen, dass die Neandertaler bisher gerne unterschätzt und ein falsches Bild von ihnen gezeichnet wurde. Sie waren durchaus hoch entwickelt, waren erfolgreiche Jäger und Sammler, konnten Feuer machen, Werkzeuge herstellen und Arzneipflanzen verwenden, fasst Deutschlandfunk-Nova-Autor Tobias Jobke zusammen.

"Der Neandertaler hat a immerhin 250.000 Jahre in Europa überdauert und war als Kulturwesen sehr gut an seine Umwelt angepasst."
Tobias Jobke, Deutschlandfunk Nova

Die Forschenden glauben, dass es eher eine Mischung aus Pech und Zufall war, dass ausgerechnet der Neandertaler ausgestorben ist. Es hätte ihrer Meinung nach auch den Homo Sapiens treffen können. Anfang des Jahres hat eine Studie ergeben, dass zur Zeit, als die Neandertaler ausgestorben sind, im Schnitt nur etwa 1.500 moderne Menschen in West- und Mitteleuropa gelebt haben.

Nachteil für Neandertaler: sie lebten monogam

Im Vergleich zum Neandertaler hatte der Homo Sapiens aber einen entscheidenden arterhaltenden Vorteil: Er lebte polygam. Der Neandertaler hingegen lebte monogam.

Da sich Arten, bei denen die Partner häufig wechseln, besser verbreiten, hat es der Homo Sapiens wahrscheinlich geschafft, in Europa zu überleben. Überspitzt ausgedrückt, könnte dem Neandertaler seine Treue zum Verhängnis geworden sein.

Shownotes
Evolution
Pech gehabt: Wieso die Neandertaler ausstarben
vom 28. November 2019
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Tobias Jobke, Deutschlandfunk Nova