In der Wissenschaft wird seit Langem darüber diskutiert, ob die Hirne von Kriminellen anders sind als die von Menschen, die nicht kriminell werden.

Seit Jahren streiten Forscher über diesen möglichen Zusammenhang von Hirnschäden und einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass Menschen kriminell werden. Ob die neue Studie auch neue Erkenntnisse liefert, hat der Neurowissenschaftler und Science Slammer Henning Beck untersucht.

"Die Forscher haben sich angeschaut, ob es eine Art 'Verbrecherregion' im Hirn gibt - ob es Hirnschädigungen gibt, die Menschen beispielsweise zu Massenmördern machen."
Henning Beck, Neurowissenschaftler und Science Slammer

Es gibt tatsächlich Fälle, in denen Menschen mit wachsendem Hirntumor anschließend zum Massenmörder wurden. Bei manchen Triebtätern wurden Hirnverletzung festgestellt. Die Forscher wollten herausfinden, welche Regionen im Hirn dabei entscheidend sind. Tatsächlich scheinen sie diese gefunden zu haben, sagt Henning Beck.

Laborstudien nicht möglich

Das Interessante dabei ist, dass sehr unterschiedliche Hirnschädigungen dazu führen können, dass Menschen kriminell werden. Und das stellt für die Forschung ein Problem dar: 

"Man kann ja niemandem auf den Kopf hauen und anschließend schauen, ob er meine Brieftasche klaut."
Henning Beck, Neurowissenschaftler und Science Slammer

Es ist schwierig, solche Phänomene zu erforschen – eine Studie im Labor mit Probanden ist zumindest nicht möglich. Aus der existierenden Literatur ergibt sich jedoch, dass in den dokumentierten Fällen die sogenannten "kriminellen Hirnschädigungen" in einem Netzwerk zusammenlaufen, das unsere moralischen Entscheidungen beurteilt. Areale, in denen es um Mitgefühl geht, sind weniger betroffen.

"Also man könnte sagen, die Kriminellen können sich immer noch in andere hineinversetzen, aber es ist ihnen völlig egal - als hätte jemand deren kriminelle Handbremse gelöst."
Henning Beck, Neurowissenschaftler und Science Slammer

Immer, wenn wir handeln, wenn wir Entscheidungen fällen, prüfen wir, ob das mit unseren moralischen Grundprinzipien übereinstimmt. Wenn der Bereich im Gehirn, wo diese Prüfung abläuft, beschädigt ist, fällt diese Prüfungsinstanz aus. Und die Wahrscheinlichkeit, dass wir kriminell handeln, ist größer. "Und vor allem versteht unser Gehirn dann gar nicht mehr, dass wir jetzt unmoralisch sind."

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Shownotes
Neurowissenschaft
Gehirne von Verbrechern
vom 23. Dezember 2017
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Henning Beck, Science Slammer und Neurowissenschaftler