Rechtshänder neigen den Kopf beim Küssen eher nach rechts, Linkshänder machen es andersrum. Wer aber gerade besonders emotional ist, durchbricht dieses Muster.

Freude über ein Wiedersehen nach langer Zeit oder eine tröstende Umarmung – in emotionalen Situationen neigen Menschen dazu, die für sie ungewöhnliche Körperseite zu benutzen. Denn eigentlich umarmen und küssen Rechtshänder eher von rechts, bei Linkshändern ist es genau umgekehrt. Dass aber auch der emotionale Kontext eine entscheidende Rolle spielt, haben Forscher aus Bochum und Düsseldorf in einer Übersichtsstudie herausgefunden.

In emotionalen Situationen ändert das Hirn seine Aktivität

"Studien zu dem Thema gibt es sehr viele", sagt Neurowissenschaftler Henning Beck. Das Forscherteam hat in der Übersichtsstudie festgestellt, dass es auf die Hirnaktivität ankommt, welche Seite wir beim Küssen und Umarmen benutzen.

In Situationen, in denen wir emotional besonders ergriffen sind, ändert das Gehirn seine Aktivität, sagt Henning Beck. Dabei werden möglicherweise Areale hinzugezogen, die in der anderen Hirnhälfte sitzen. Das kann dazu führen, dass wir als Rechtshänder plötzlich links küssen oder umgekehrt. 

"Das Wechselspiel zwischen der rechten und der linken Körperseite macht uns besonders flexibel"
Henning Beck, Neurowissenschaftler

Wenn das Gegenüber beim Küssen häufig die Seite wechselt, ist das ein Zeichen dafür, dass das Hirn sehr beschäftigt ist, dass emotional also viel passiert, erklärt Henning Beck. Genau dieses Wechselspiel zwischen rechter und linker Körperhälfte macht uns also besonders flexibel im Umgang mit anderen Menschen.

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Shownotes
Neurowissenschaftler Henning Beck
"Seiten wechseln beim Küssen ist Zeichen für emotionale Stärke"
vom 03. November 2018
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Henning Beck, Neurowissenschaftler