Das Kleinhirn wurde wohl viel zu lange unterschätzt, "denn es hat deutlich mehr drauf als gedacht", sagt Neurowissenschaftler Henning Beck. Diese Erkenntnis kann uns beim Lernen und Erinnern helfen.
Das Kleinhirn sitzt unterhalb des Großhirns am Übergang zum Nacken. Obwohl es tatsächlich von der Größe her viel kleiner ist als das Großhirn, hat es deutlich mehr Zellen. Die Oberfläche des Kleinhirns ist dennoch fast genauso groß wie des Großhirns. Außerdem sind die Zellen im Kleinhirn viel stärker vernetzt, erklärt Henning Beck.
"Auch wenn man reinschaut, ist das Kleinhirn einfach viel schöner als dieses Großhirn. Also es hat vielmehr auf Lager."
Neben der Koordination von Bewegungen kann das Kleinhirn die Erinnerung organisieren, sagt der Neurowissenschaftler. Im Großhirn gibt es zwar Areale, die für die Erinnerung, auch die emotionale, zuständig sind, aber das Kleinhirn hilft bei der Koordination dieser Erinnerung und dabei, dass wir emotionale Erlebnisse besser erinnern.
Neues Wissen über Kleinhirn hilft im Lernalltag
Außerdem können wir besser lernen und das Gelernte erinnern, wenn es mit Bewegung verbunden ist. Das Kleinhirn unterstützt dabei, dass diese Gedächtnisinhalte sich "besser ausbringen", sagt Henning Beck. "Das war lange so nicht bekannt."
Überraschende Funktionen des Kleinhirns
Diese Erkenntnisse sind bei einer Studie herausgekommen. Forschende der Uni Basel haben 1500 Menschen mit Hirnscannern untersucht. So wollten sie herausfinden, welche Teile im Gehirn aktiv sind, wenn die Probanden an emotionale Dinge denken. Dabei haben sie festgestellt, dass das Kleinhirn daran beteiligt ist, "was sie so gar nicht vermutet hatten", sagt Henning Beck. Deshalb wird vermutet, dass das Kleinhirn noch an anderen kognitiven Tätigkeiten beteiligt ist.
"Da ist noch einiges unbekannt und geheimnisvoll."
Die Erkenntnis hat deshalb so eine große Bedeutung für uns, weil wir das Lernen mit einem Raum oder Ort und mit der Bewegung dorthin verknüpfen. Sobald wir uns dorthin bewegen, das kann der Schreibtisch oder die Bibliothek sein, lernen wir an diesem Lernort besser als an irgendeinem anderen Ort.
"Ich gehe an diesen bestimmten Lernplatz und bin direkt im Lernmodus und kommen dann besser voran."
Aber auch die Erkenntnis, dass wir Dinge uns besser merken und später erinnern, wenn sie mit einer Bewegung verbunden sind, können wir für die Lernroutine nutzen. "Weil wir bauen so eine Bewegungskarte zu den Informationen auf, die wir lernen sollen", erklärt der Neurowissenschaftler. "Und das spielt das Kleinhirn mit". Wenn wir also wissen, dass Bewegung und Räumlichkeit für das Lernen wichtig sind, können wir das besser in den Lernalltag integrieren, schließt Henning Beck.