Aasfressende Tiere lecken sich ihre Mäuler und Schnabel danach: Kadaver, also verwesendes Fleisch. Bei uns Menschen ruft so ein Speisplan eher Ekel hervor. Dabei zeigt eine Studie: Je mehr große Aasfresser es gibt, desto besser ist das für die menschliche Gesundheit.

Geier, Hyänen, Großkatzen und Haie – sie alle zählen zu den großen Aasfressern. Diese Tiere haben aufgrund ihrer Geschmacksvorlieben – tote, verwesende Tiere, die sie nicht selbst erlegt haben – oft keinen besonders guten Ruf.

Das sollten sie aber, sagt Wiebke Lehnhoff von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten. Denn eine im Fachmagazin PNAS veröffentlichte Studie der US-Uni Stanford zeigt, dass die Existenz großer Aasfresser im direkten Zusammenhang mit der Gesundheit von uns Menschen steht.

Aasfresser tragen zum Gesundheitsschutz bei

Das Wissenschaftsteam hat sich im Rahmen ihrer Forschung mit Krankheitserregern beschäftigt, die im verwesenden Fleisch zu finden sind. Mit diesen Erregern können sich auch Menschen anstecken. Und sie tun es jedes Jahr. Die Forschenden schreiben, dass an Zoonosen, also an Krankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden, jedes Jahr mehr als zweieinhalb Millionen Menschen weltweit sterben.

"Je mehr Aas rumliegt, weil es weniger Aasfresser gibt, desto höher wird Risiko für uns Menschen, sich mit den Krankheitserregern anzustecken."
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten

Die Forschenden haben auch herausgefunden, wie die Lage der aasfressenden Tiere ist. Dafür haben sie fast 1.400 Wirbeltierarten analysiert, die sich entweder nur oder zumindest zum Teil von Aas ernähren. Dabei stellten sie fest, dass die Bestände von aasfressenden Wirbeltieren schwinden: weltweit um mehr als ein Drittel. Fast ein Fünftel sei bedroht. Besonders gefährdet seien Geier.

Die drei Hauptgründe für den Rückgang der großen Aasfresser sind laut den Forschenden:

  • Wildtierhandel
  • intensive Viehzucht
  • veränderte Landnutzung

Als ein Beispiel für den Rückgang nennt Wiebke Lehnhoff Geier in Afrika. Sie seien um 62 bis 95 Prozent dezimiert worden, weil vergiftete Viehkadaver ausgelegt wurden, um Raubtiere anzulocken und zu töten. In Indien wiederum wurden Geier fast vollständig ausgerottet, weil sie Kadaver von Rindern gefressen haben, in denen Schmerzmittel enthalten war.

Kleinere Aasfresser sind eher problematisch

Die Studie zeigt, dass es vor allem kleineren Aasfressern besser geht. Manche von ihnen, sagt Wiebke Lehnhoff, haben sich so gut an das Leben in menschlicher Nähe angepasst, dass ihre Bestände wachsen. Dazu zählen beispielsweise Krähen, Möwen, Rotfüchse, Goldschakale und Kojoten.

Allen voran nimmt die Zahl der Ratten und Mäuse zu, so die Journalistin. Dabei gibt es jedoch zwei Probleme. "Erstens fressen die kleineren Arten oft nicht nur auf Aas. Außerdem übertragen sie, das gilt vor allem für Ratten und Mäuse, selbst Krankheitserreger."

"Kleinere Aasfresser können alleine wegen ihrer Körpergröße gar nicht so viel verwesendes Fleisch beseitigen wie zum Beispiel Geier."
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten

Für die Zunahme der kleineren Aasfresser nennt Wiebke Lehnhoff ein weiteres Beispiel aus Indien: "Dort haben sich verwilderte Haushunde vermehrt, nachdem die Geier weniger geworden waren." In Folge seien deutlich mehr Menschen an Tollwut gestorben, die von diesen Hunden übertragen werden kann.

Es zeige sich also, dass die mehr gewordenen kleinen Aasfresser keine Alternative zu den großen sind. Im Gegenteil, sagt Wiebke Lehnhoff: Gerade da, wo sich kleine Aasfresser ausbreiten, braucht es große Aasfresser, um Zoonosen einzudämmen.

Shownotes
Ohne Geier geht es nicht
Aasfressende Tiere vermindern Krankheitsrisiko für uns Menschen
vom 17. Juni 2025
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten
    Quellen des Beitrags: