Bus und Bahn werden teurer. Das ist für die Verkehrswende nicht das größte Problem, sagt eine Mobilitätsexpertin. Vielmehr bräuchte es gute Angebote und ein starkes Symbol.
Bus und Bahn fördern, Fahrradwege ausbauen – in den Wahlprogrammen von der SPD und den Grünen wird die Forderung nach einem stärkeren öffentlichen Personennahverkehr deutlich. Die FDP ist hier nicht so eindeutig, formuliert aber ebenfalls das Ziel, "mehr Personen und Güter auf der Schiene zu transportieren".
Sollten die Ampel-Parteien eine Regierung bilden, ist ihre Ausgangsposition noch etwas schwieriger geworden: Bus- und Bahnfahren wird teurer. Viele Anbieter planen zum Jahreswechsel höhere Ticketpreise. Sie begründen das unter anderem mit den gestiegenen Energiekosten.
"Nicht dicke Busse fahren lassen, sondern die Menschen abholen, wenn sie abgeholt werden wollen."
Menschen zum Benutzen von Bus und Bahn motivieren, wenn die Preise steigen? Das geht, sagt die Verkehrsexpertin Katja Diehl, die unter anderem das österreichische Bundesministerium für Mobilität berät.
In Österreich gebe es zum Beispiel das Klimaticket, das zwar eine relativ günstige Mobilität anbietet – es geht also in gewisser Weise auch darum, wie teurer die Tickets sind – das aus Sicht von Katja Diehl aber in erster Linie "ein Symbol" ist.
Mit dem Klimaticket, eine Art Flatrate für Bus und Bahn, würde die Politik die Menschen ermutigen, klimafreundliche, öffentliche Verkehrsmittel einmal auszuprobieren. "Das Auto muss man ja gar nicht abschaffen", sagt Katja Diehl. Das Klimaticket könne für manche ein Einstieg sein, das eigene Mobilitätsverhalten zu verändern.
Verkehrsangebot auf dem Land nicht ausreichend
Doch selbst, wenn diese Idee auch in Deutschland Anklang finden sollte: Oft gibt es die Verkehrsmittel gar nicht, die mit einem Klimaticket genutzt werden könnten. In einer aktuellen Studie hat die Bahn-Tochter Ioki – eine Art Start-up für digitale Mobilität – die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsangeboten untersucht. Das Ergebnis: Für rund 55 Millionen Menschen, die im Umland oder im ländlichen Raum wohnen, ist das Angebot oft nicht ausreichend. Weniger als die Hälfte von Bus- und Bahnhaltestellen auf dem Land würden stündlich oder häufiger bedient. "Das ist nicht sonderlich attraktiv", sagt Katja Diehl.
"Ich würde im ländlichen Raum Leihräder an die Bahnhöfe stellen."
Um den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken, gibt es verschiedene Ansätze. Ein klassischer: Einfach mehr Bahnen und mehr Busse fahren lassen. Und mehr Strecken einrichten. Das Problem dabei ist immer: Das ist teuer. Und wenn nicht garantiert ist, dass diese Angebote auch wirklich genutzt werden, fahren die Bahnen und Busse leer.
Katja Diehl setzt auf eine andere Möglichkeit: On-Demand-Verkehrsmittel. Die Idee ist nicht neu, zum Beispiel das Anruf-Sammel-Taxi gibt es schon viele Jahre. Allerdings scheint der öffentliche und bedarfsgesteuerte Personenverkehr noch nie so gute Chancen zur erfolgreichen Umsetzung gehabt zu haben wie heute. Dank entsprechender Software und App-Nutzung ließen sich Taxis oder Busse leicht steuern, die möglichst präzise auf die Mobilitätswünsche der Nutzerinnen und Nutzer eingehen.
Co-Working-Spaces auf dem Land
Weitere Ideen von Katja Diehl: E-Scooter und Leihfahrräder auch im ländlichen Raum etablieren, genau so wie Co-Working-Spaces. "Dann müssten manche Wege gar nicht mehr angetreten werden", sagt Verkehrsexpertin Katja Diehl, "das ist der erste Hebel der Verkehrswende."