Die Amadeu Antonio Stiftung hat eine Broschüre zum Umgang mit der AfD vorgelegt. Wir haben mit der Stiftung gesprochen und einen AfD-Bundestagsabgeordneten mit dem Papier konfrontiert.

Sie setzt sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein- die Amadeu Antonio Stiftung. Und jetzt sagt sie: Die AfD ist extrem demokratiegefährdend und werde größtenteils verharmlost. Die Partei sei nicht nur populistisch, sondern rechtsextrem. Am 13. August hat deshalb die Stiftung eine Broschüre mit dem Titel "Demokratie in Gefahr – Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD" vorgelegt.

Sorge wegen Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg

Ganz entscheidend für den Schritt der Amadeu Antonio Stiftung seien jüngste Umfrageergebnisse gewesen. Sie prophezeien der AfD sehr gute Ergebnisse bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg und sehen sie auch bundesweit zurzeit bei 14 Prozent.

Ähnlichkeit zu NPD

Zahlen, die die Brisanz des Themas deutlich machten, sagt Robert Lüdecke von der Amadeu Antonio Stiftung. "Die Afd stellt zentrale Werte unserer Demokratie infrage – und ist trotzdem erfolgreich. Und gerade deshalb muss sie als sehr erfolgreiche NPD bezeichnet werden", sagt er.

Robert Lüdecke bezieht sich dabei auf rassistische Hetze gegen Geflüchtete und Migranten, die er bei der AfD beobachtet hat. Und das auch im aktuellen Landtagswahlkampf. Außerdem hat Robert Lüdecke ein völkisches Weltbild bei der Partei ausgemacht.

"Die Afd vertritt ein Weltbild, das nach dem Abstammungsprinzip funktionieren soll. Das heißt: Deutscher könne nur sein, wer auch deutsches Blut habe. Das ist ganz klar eine rechtsradikale Ideologiekomponente."
Robert Lüdecke, Amadeu Antonio Stiftung

Robert Lüdecke bestätigt, dass Demokratie von unterschiedlichen Positionen lebe. Er wünsche sich, dass wieder lebhafter für Demokratie gestritten wird und sehnt sich nach leidenschaftlicher Debatte in den Parlamenten.

Zur Demokratie gehöre aber auch das Recht und die Pflicht, Inhalte der Demokratie kritisieren zu dürfen. Der demokratische Rahmen habe Grenzen, die durch das Grundgesetz festgelegt seien. Die AfD versuche mit Provokationen, diesen Rahmen zu sprengen und die Grenzen des Sagbaren und Machbaren auszuweiten. Robert Lüdecke sieht deshalb die demokratische Mehrheit gefordert. Sie dürfe nicht widerspruchlos Versuchen zusehen, die Demokratie auszuhebeln.

"Wir haben einen demokratischen Rahmen – und der hat Grenzen. Und die sind durch das Grundgesetz festgelegt. Und die AfD versucht permanent, diesen Rahmen zu sprengen."
Robert Lüdecke, Amadeu Antonio Stiftung

Die Amadeu Antonio Stiftung habe vor allem mit Betroffenen gesprochen und dabei haarsträubende Geschichten gehört, erzählt Robert Lüdecke: von persönlichen Angriffen, Hassmails, Drohbriefen, und Online-Hasskampagnen.

Handlungsempfehlung für Betroffene

Die Handlungsempfehlung der Stiftungen richtet sich daher auch in erster Linie an Betroffene, um ihnen zu helfen, sich auf Angriffe vorzubereiten. Robert Lüdecke empfielt ausdrücklich, weiter mit AfD-Wählerinnen und –wählern zu reden. Anders sehe die Sache aber bei "geschulten Kadern" aus. Wer jede Gelegenheit ergreife, auf Podien und Talkshows das Wort zu ergreifen und sich als Opfer zu inszenieren, dem müsse eine Absage erteilt werden, weil hier ein Dialogangebot sinnlos sei.

Klar zu Grundrechten bekennen

Wer als Verein mit der AfD konfrontiert wird, dem rät Robert Lüdecke: sich ganz klar vergewissern, wofür die eigene Institution oder Verein steht und wie das eigene Verhältnis zum Grundgesetz ist. Und dann eben ganz klar verankern, dass Grundrechte uneingeschränkt gelten. Das sei eine wahnsinnig gute Argumentationsgrundlage gegen jede Form von Vereinnahmungsversuchen. Und auf dieser Basis lasse sich sehr gut erklären, warum ein Verein nur bis zu einem gewissen Grad in den Dialog mit der AfD treten möchte.

Vorwürfe der AfD gegen die Amadeu Antonio Stiftung

Wir haben den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Ralf Nolte zu den Handlungsempfehlungen der Amadeu Antonio Stiftung befragt. Er sagt: Es sei nie verkehrt, gegen Rechtsextremismus und überhaupt Extremismus zu sein.

Die Amadeu Antonio Stiftung benutze diese Begriffe falsch. Ihr sei daran gelegen, konservative Meinungen, die der Stiftung nicht gefielen, aus dem Diskurs auszuklammern. Und darum sei die Amadeu Antonio Stiftung der falsche Ratgeber, wenn es um mehr Demokratie gehe.

"Die Amadeu Antonio Stiftung steht nicht für Demokratie, sondern für eine linke, linksextreme Meinung."
Jan Ralf Nolte, Bundestagsabgeordneter der AfD

Jan Ralf Nolte räumt ein, das gesamte Papier habe er nicht gelesen. Die Arbeit der Amadeu Antonio Stiftung begleite ihn als Politiker der AfD aber schon eine längere Zeit. Er ist überzeugt: Die Amadeu Antonio Stiftung stehe nicht für Demokratie, sondern für eine linksextreme Meinung.

AfD als Ganzes betrachten

Jan Ralf Nolte bittet bei der Einschätzung der AfD darum, sich nicht auf einzelne Aussagen zu beschränken, sondern genauer hinzuschauen, wie sie sich in den Parlamenten verhalte und wie ihre Programmatik aussehe. Seine Partei sei immer dialogbereit, versichert er.

Die AfD habe auch kein Problem damit, einem Antrag der Linken oder Grünen zuzustimmen, wenn es inhaltlich passe. Ein Verhalten, zu dem sich die von ihm so bezeichneten "Altparteien" nie durchringen könnten. Jan Ralf Nolte habe bei der CDU immer wieder beobachtet, dass sie einem Antrag der AfD nicht zustimme, selbst wenn sie im Wahlkampf Ähnliches gefordert habe.

"Rechts" sei nicht gleich "Nazi"

Parteien, denen daran gelegen sei, die Demokratie abzuschaffen und zu bekämpfen, dürfe keine Chance gegeben werden, sagt Jan Ralf Nolte. Er wehrt sich aber dagegen, dass bestimmte Begriffe nur noch als Etiketten verwendet würden. Etwa wenn alles gleich als "rechts" oder "Nazi" bezeichnet werde. Das bringe niemanden weiter.

Konservative, die heute die AfD wählen, verträten Positionen, mit denen sie vor zehn Jahren noch gut in der CDU aufgehoben wären. Und diesen Menschen werde heute das Gefühl vermittelt: Ihr seid kein anerkannter Teil der Gesellschaft und mit euch wollen wir keinen Dialog.

Jan Ralf Nolte versteht unter Demokratie, dass das Volk regiert. Weil das Volk der Souverän in einer Demokratie sei. In einer parlamentarischen Demokratie heißt das für ihn: Volksvertreter sollten möglichst nach einer Wahl noch die dieselbe Meinung haben, wie im Wahlkampf. Genau dass sei leider oft nicht der Fall.

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Shownotes
Papier der Amadeu Antonio Stiftung
Streit um den Umgang mit der AfD
vom 13. August 2019
Moderation: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Robert Lüdecke, Amadeu Antonio Stiftung & Jan Ralf Nolte, Bundestagsabgeordneter der AfD