Männer, die bei Akademikerinnen landen wollen, müssen mindestens genauso gut ausgebildet sein - und gleich viel verdienen. Daran ändert auch Online-Dating nichts.
Früher, als Frauen noch nicht die gleichen Chancen in Sachen Bildung und Beruf hatten wie Männer, wählte der Mann eine Frau, die weniger gebildet war er als. Was blieb ihnen auch anderes übrig. Heute ist für Frauen der Zugang zu Bildung kein Thema, sie sind genauso gut oder besser ausgebildet. Und so heiratet heute nicht mehr der Arzt die Arzthelferin, sondern die Ärztin - und der Rechtsanwalt nicht die Sekretärin, sondern die Juristin.
"Es gab für Männer den strukturellen Zwang, nach unten Partnerinnen zu suchen. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten total verändert."
Als Akademikerinnen könnten sie heute wie die Männer damals Partner wählen, die einen niedrigeren Bildungsstand haben oder einen nicht akademischen Beruf ausüben. Aber weit gefehlt! Für Frauen ist Downdaten tabu. Der Mann muss mindestens den gleichen Bildungsstand haben. Am liebsten heiraten sie aber immer noch Männer, die erfolgreicher sind als sie selbst und ökonomische Sicherheit bieten. Zwar gibt es einen geringen Anteil an Frauen, die einen Partner mit einem geringeren Bildungsstand wählen. Dieser Anteil hat sich aber trotz Bildungsangleichung der Frauen nicht verändert.
"Es ist einfacher, mit einem Partner umzugehen, das Verständnis füreinander kann besser hergestellt werden, es entstehen weniger Missverständnisse, wenn man ein ähnliches Bildungsniveau hat."
Hinter dieser traditionellen Partnerwahl stecken alte Vorstellungen von Geschlechterrollen erklärt Hans-Peter Blossfeld. Der Soziologe hat sich gefragt, ob Dating-Plattformen diese Partnerwahl innerhalb der gleichen Kreise aufheben. Denn im analogen Leben bewegen wir uns in bestimmten Kreisen. Wir lernen kaum Menschen näher kennen, die nicht zu unserem Kreis aus Familie, Freunden, Berufsumfeld oder Verein gehören. Innerhalb der Kreise haben dann die meisten alle einen ähnlichen Bildungsstand, ökonomischen Hintergrund oder arbeiten in ähnlichen Berufen.
"Die Homogamie, dass Menschen mit gleichem Bildungsabschluss sich finden und heiraten, ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen."
Im Netz haben wir die Möglichkeit, auch zu anderen Kreisen Zugang zu bekommen. Doch die Studien, die Hans-Peter Blossfeld über Dating-Plattformen durchgeführt hat, zeigen, dass sich die Strukturen aus dem analogen Leben online reproduzieren. Akademikerinnen suchen Akademiker, Managerinnen suchen Geschäftsführer und nicht Tellerwäscher. Die Schichtzugehörigkeit wird so weiter zementiert und die Einkommensverhältnisse der Doppel-Besserverdiener werden sich noch drastischer von den Doppel-Schlechterverdienern absetzen, prognostiziert der Soziologe.
"Die traditionelle Richtung für Frauen war nach oben, weil der Mann der Ernährer war, der das Geld nach Hause gebracht hat und für ökonomische Sicherheit gebürgt hat. Das steckt heute noch implizit in der Partnerwahl drin."
Für Akademikerinnen könnte die Entwicklung aber auch noch einen ganz anderen, bitteren Effekt haben: Unter Studienanfängern sind 55 Prozent Frauen, dagegen nur 45 Prozent Männer. Wenn von diesen noch ein paar Prozent später Frauen mit niedrigerem Bildungsniveau heiraten, werden wohl einige Akademikerinnen leer ausgehen bei der Partnerwahl - außer sie orientieren sich nach unten.
Mehr über Partnerwahl:
- Gleich und gleich gesellt sich gern | Artikel auf faz.net
- Weiblich, gebildet, partnerlos | Interview mit Hans-Peter Blossfeld bei Zeit Online
- Wenn Algorithmen Ehen stiften | Artikel auf sueddeutsche.de