Auf der einen Seite markiert er den starken Mann, auf der anderen Seite kommen ihm die Tränen, wenn er die russische Nationalhymne hört: Putin ist ein Rätsel. Moskau-Korrespondent Hermann Krause glaubt: Der russische Präsident ist kein so rationaler Stratege, wie viele denken.
Der Staatsmann als kühl abwägender, überlegter Stratege - diese Vorstellung trifft auf Wladimir Putin nicht zu, glaubt Moskau-Korrespondent Hermann Krause. Er begleitet Putins Politik schon seit Jahren und hat ihn auch schon persönlich getroffen. Dabei habe er festgestellt, dass Putin sich in seinen Entscheidungen durchaus auch mal treiben lässt. Im aktuellen Ukrainekonflikt etwa sei Putin in eine Situation geraten, aus der er schwer wieder herauskomme: "Er hat nationalistische Geister geweckt, die er jetzt nicht mehr gebändigt kriegt."
"Seine Politik, die die Ost-Ukraine betrifft, ist - das hat Putin mittlerweile auch eingesehen - in die falsche Richtung gelaufen."
Dass Putin bei einem Staatsbesuch in der Mongolei kürzlich vor laufender Kamera geweint hat, als die russische Hymne gespielt wurde, könnte laut Hermann Krause auch darauf hinweisen, unter welcher Anspannung der russische Präsident im Moment steht. In der Mongolei sei er warm empfangen worden - nicht mit so viel Kritik wie sonst derzeit außerhalb von Russland.
Die Annexion der Krim, die in Europa als völkerrechtswidriger Akt angesehen werde, sei in Russland ganz anders aufgenommen worden, berichtet Hermann Krause: "Die Heimhohlung der Krim hat Putin eine unheimliche Popularität gebracht, weil er damit das Volk, die Herzen und die Gefühle bekommen hat."
"Er ist emotional, er ist jemand, der starke Gefühle hat und oftmals anders denkt und handelt als wir Europäer."
Doch mittlerweile gebe es auch in Russland Zweifel an der Politik des Präsidenten: Mütter fragen nach, was mit ihren Söhnen passiert ist, die als Soldaten in die Ukraine gegangen sind. Andere wundern sich, warum die angebliche russische "Freiwilligenarmee" in der Ostukraine mit so schwerem Gerät ausgestattet ist. Hermann Krause sagt: "Das ist auch ein Bruch in seiner Politik und deshalb versucht Putin ja auch, mit Poroschenko Übereinkommen zu treffen und diese Krise in irgendeiner Weise zu lösen."