Zu wenig Lebenserfahrung oder zu alt für den politischen Alltag? Politikwissenschaftler Thorsten Faas erklärt, warum es keine globalen Alters- und Amtszeitgrenzen in der Politik gibt. Nach oben nicht und auch nicht nach unten.

Politik ist auch eine Frage des Alters: Der amerikanische Präsident Joe Biden ist 81 Jahre alt, sein republikanischer Herausforderer Donald Trump 78. Einer von beiden wird am 5. November 2024 wahrscheinlich erneut zum amerikanischen Präsidenten gewählt werden (Stand 19.07.2024).

Während Joe Bidens Alter, seine Schlagfertigkeit, Konzentrationsfähigkeit – insbesondere im TV-Duell mit Donald Trump – und Wählbarkeit und seine Gewinnchancen diskutiert werden, ist das Alter des republikanischen Kandidaten momentan kein Thema.

Altersgrenzen? Willkürlich, zufällig, nicht überzeugend

Die Idee, bestimmte Ämter mit Altersober- und Untergrenzen zu versehen, sei grundsätzlich sinnvoll, sagt der Politikwissenschaftler Thorsten Faas. Die tatsächlichen Grenzen wirkten aber ein bisschen zufällig, willkürlich und seien in letzter Konsequenz auch nicht überzeugend.

"Die Ideen dahinter sind grundsätzlich sinnvoll. Sie dann wirklich in fairer Weise durch eine harte Grenze abzubilden, ist eigentlich kaum möglich."
Thorsten Faas, Politikwissenschaftler, Freie Universität Berlin, Otto-Suhr-Institut

Die folgenden Fragen seien eben mit einer globalen, harten Altersgrenze kaum zu beantworten:

  • Ab wann ist jemand reif?
  • Wann hat jemand genug Lebenserfahrung?
  • Wann geht es dann auch nicht mehr?

Deswegen gebe es eben auch so viele unterschiedliche Regeln und Grenzen. Einige Beispiele aus Deutschland:

  • Untergrenze für Kanzlerschaft in Deutschland: 18 Jahre.
  • Untergrenze für Bundespräsidentenamt: 40 Jahre (Art. 54 GG)
  • Untergrenze für das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten: 40 Jahre (BLV Art. 44)
  • Obergrenze für hauptberufliche Bürgermeister in Baden-Württemberg: 74 Jahre (2023 geändert).

Bei den Obergrenzen gehe es nicht nur um die Frage, ob amtstragende Personen noch leistungsfähig genug sind. "Es geht nicht nur um Leistungsfähigkeit, sondern auch um die Frage, ob jemand überhaupt noch mit Alltagspraktiken, Kommunikationsmustern et cetera vertraut ist", sagt Thorsten Faas.

"Es gibt eine andere Diskussion, dass man sagt, Politiker*innen sollen nicht zu lange im Amt bleiben, dass man die Amtszeiten begrenzen könnte."
Thorsten Faas, Politikwissenschaftler, Freie Universität Berlin, Otto-Suhr-Institut

Klarer und einfacher sind Regeln, die die Dauer von Amtszeiten betreffen und unabhängig vom tatsächlichen Alter des politischen Personals getroffen werden können. Auch das Grundgesetz kennt eine solche Regelung. Die Wiederwahl der Bundespräsidentin beziehungsweise des Bundespräsidenten ist nur einmal möglich (Art 54.2).

Shownotes
Politik und Alter
Regieren bis der Arzt kommt
vom 19. Juli 2024
Moderation: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Thorsten Faas, Politikwissenschaftler, Freie Universität Berlin