"BSW - Vernunft und Gerechtigkeit", so heißt die neue Partei von Sahra Wagenknecht. Die Politikerin tritt aus der Linken aus und nimmt weitere Abgeordnete mit. Die Politologin Sarah Wagner bewertet das Wählerpotential der neuen Partei; das sieht sie eher rechts als links.
Monatelang hatte die Politikerin Sahra Wagenknecht damit kokettiert, eine neue Partei gründen zu wollen. Nun (23. Oktober) stellt sie die Pläne für ihre neue Partei vor und tritt offiziell aus der Linkspartei aus. Aber nicht nur sie: Mehrere Bundestagsabgeordneten folgten ihr und erklärten ihren Parteiaustritt.
Wagenknecht tritt aus der Partei Die Linke aus
Die Politikerin hatte immer wieder öffentlich darüber gesprochen, dass es eine neue politische Kraft brauche. Die will sie mit ihrem "Bündnis Sahra Wagenknecht - Vernunft und Gerechtigkeit" nun liefern. Dafür rufen Wagenknecht und ihre Unterstützer*innen einen gleichnamigen Verein ins Leben, um die Gründung der Partei vorzubereiten. Die soll dann Anfang 2024 erfolgen.
Die Politikerin wird "ihr" Bündnis stark prägen. "Sahra Wagenknecht steht für eine linke Wirtschaftspolitik", sagt die Politikwissenschaftlerin Sarah Wagner. "Gleichzeitig aber auch für gesellschaftspolitisch konservative Positionen." Die Politologin forscht zu Der Linken und zu Sahra Wagenknecht.
"Die Kombination an Themen gibt es in der deutschen Parteienlandschaft so nicht."
Zum Beispiel spricht sich Sahra Wagenknecht für einen höheren Spitzensteuersatz oder auch für einen Mietendeckel aus, zugleich bewertet sie die Migration kritisch.
Dieser Themenmix sei neu in der deutschen Parteienlandschaft, so Sarah Wagner. Zugleich sei bei den Wähler*innen aber durchaus eine Nachfrage da. Außerdem spiele Wagenknecht und ihrer neuen Partei in die Hände, dass viele Bürger*innen unzufrieden mit der Politik der Regierung seien, so die Politikwissenschaftlerin weiter.
Vor allem bei der AfD könnte BSW Wählerstimmen holen
Wer künftig dann tatsächlich das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (kurz BSW) wählt, sei schwierig vorauszusagen, findet die Politologin. Sie arbeitete an der Universität Mannheim an dem Projekt "Die Herausforderungen der radikalen und populistischen Linksparteien für Parteienwettbewerb und Koalitionspolitik in Westeuropa" mit.
Dabei zeigte eine Studie im Juni, dass die neue Partei vor allem Wähler*innen aus Ostdeutschland anspricht sowie Menschen, die mit der Demokratie unzufrieden sind sowie der Migration skeptisch gegenüberstehen. "Das sind natürlich auf jeden Fall auch Stimmen, die wir in der AfD finden", sagt Sarah Wagner.
Das heißt, die neue Partei BSW könnte durchaus AfD-Wähler*innen ansprechen, die das nationalistische Gedankengut der AfD zwar ablehnen, aber dennoch Vorbehalte beim Thema Migration haben.
"Wie groß das Potential von BSW ist, weiß man nicht. Allerdings kann es gut sein, dass viel Mobilisierung gerade bei der AfD-Wählerschaft in Kraft tritt."
Die Studie zeigte auch, dass die Partei "Die Linke" die Parteigründung vielleicht nicht so sehr fürchten muss. "Wahrscheinlich hat die Linke schon ziemlich viele Wähler verloren", sagt Sarah Wagner. Eben solche Wähler*innen, die bei Wirtschaftsthemen eher links zu verordnen sind, aber konservativ bei gesellschaftspolitischen Themen.
Für die Linke stellt der Austritt von Sahra Wagenknecht und anderen aber noch ein ganz anderes Problem dar. Die Partei könnte ihren Fraktionsstatus im Bundestage verlieren und damit würden die Mitarbeitenden ihren Job verlieren., denn die Linke erhält dann weniger Mittel der Bundestagsverwaltung.
Sahra Wagenknecht will erst einmal Teil der Linken-Fraktion bleiben, damit ein Übergang möglich ist. Doch dazu muss die Linke bereit sein. Außerdem dürfte der Übergang auch nicht lange auf sich warten lassen.