Ein schlauer Schachzug, um an Nahrung zu kommen: Pottwale beißen sich in den Fangleinen der Fischer fest und schütteln sie so lange, bis ihnen die Beute ins Maul fällt. Die Fischer finden das nicht so toll.

Das ist ein bisschen wie die reifen Äpfel vom Baum schütteln. Pottwale sind wohl ziemlich intelligent und haben gemerkt: Um an Futter zu kommen, müssen sie gar nicht zwingend selbst auf die Jagd gehen. Im Prinzip reicht es völlig aus, zu warten, bis die Fischer in den Gewässern vor Alaska einen richtig großen Fisch am Haken haben – und den klauen sie dann einfach. 

Fischer haben Verluste bis zu 1000 Dollar

Besonders beliebt bei Pottwalen sind Kohlenfische. Die können bis zu 1,20 Meter lang und 50 Kilogramm schwer werden – sind also auch recht nahrhaft. Genauso begehrt sind Kohlenfische aber auch bei den Fischern, denn Kohlenfische sind beliebte Speisefische – zum einen, weil sie gut schmecken, zum anderen, weil sie wegen ihrer langkettigen Omega-3-Fettsäuren sehr gesund sind. Wenn die Fischer von den Pottwalen sozusagen ausgeraubt werden, ist das jedes Mal ein großer Verlust, sagt Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte Mario Ludwig.

"Eine einzige Walattacke kann einen Verlust von mehreren tausend Dollar betragen. Die Fischer verlieren manchmal sogar ihren kompletten Fang."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte

Kohlenfische werden im Golf von Alaska mit Langleinen gefangen; das sind über drei Kilometer lange Leinen, die bis zu 800 Meter in die Tiefe ragen und mit bis zu 4000 Angelhaken besetzt sind. 

Interessanterweise greifen die Pottwale erst an, wenn die Kohlenfische schon fast im Boot sind. Die Wale reagieren nämlich auf den Klang der hydraulischen Winde, mit der die Langleinen an Bord gezogen werden. Um ganz exakt zu sein, hören die Pottwale das Geräusch, wenn der Motor des Fangschiffes abstoppt. Das sei wie ein Essensgong, sagen Wissenschaftler. 

Fisch-Klau-Methode wird an Jungtiere weitergegeben

Pottwale haben ein exzellentes Gehör. Das Motorengeräusch nehmen sie selbst in 25 Kilometern Entfernung wahr. Wenn sie die Fangleinen dann erreicht haben, beißen sie sich fest und rütteln so fest daran, dass die Kohlenfische abfallen. Weil die Kohlenfische sehr weiche Mäuler haben, funktioniert das in der Regel auch ganz gut. 

Diese clevere Methode, an Nahrung ran zu kommen, verwenden die Pottwale seit den 1970er Jahren, sagt Mario Ludwig.    

"Diese Art des Fangs haben die Pottwale damals entdeckt und geben es seither an ihre Jungtiere weiter."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte

Mittlerweile beherrschen um die 100 Pottwale diese Technik. Und sie gehen sogar in Gruppen von bis zu zehn Tieren gemeinsam auf die Fangleinen los – was ungewöhnlich ist, da Pottwale eher Einzelgänger sind. 

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Shownotes
Andere die Arbeit machen lassen
Pottwale klauen Fischern die Beute
vom 10. Oktober 2018
Moderatorin: 
Anna Kohn
Gesprächspartner: 
Mario Ludwig, Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte