Marine Le Pen vom rechtsnationalen Front National kann die Präsidentschaftswahl am 7. Mai gewinnen. Trotzdem oder gerade deshalb gibt es Franzosen, die sich um Flüchtlinge kümmern.

Die Präsidentschaftskandidatin des Front National hat in den vergangenen Wochen nicht nur Frankreichs Eiwanderungs- und Flüchtlingspolitik kritisiert, sie spricht sogar von einem Moratorium. Sollte Marine Le Pen Präsidentin werden, will sie die Grenzen für Flüchtlinge erst einmal dicht machen und die Migrationspolitik Frankreichs neu aufstellen.

Cédric Hérrou hält diesen Vorschlag von Marine Le Pen für Quatsch. Der Landwirt lebt in den Bergen nahe Breil-sur-Roya, das ungefähr eine Autostunde nordwestlich von Nizza entfernt liegt. Mit einem Blick Richtung italienische Grenze, die in einem dreistündigen Fußmarsch über die Berge erreichbar ist, hält er das Ganze für sinnlos:

"Schau dir doch die Berge an, das ist die Grenze. Es ist unmöglich, die zu schließen! Die Flüchtlinge kommen so oder so. Das ist die Realität."
Cédric Hérrou, französischer Landwirt

Statt lange zu diskutieren, hilft Cédric. Angefangen hat es mit einer Familie: Eine Mutter stand am Straßenrand mit ihren Kindern, vier und fünf Jahre alt und ein drei Wochen altes Baby im Arm. Cédric hat sie mit zu sich nach Hause genommen. Das war vor zwei Jahren. Inzwischen hat er mehr als 200 Flüchtlingen geholfen.

"Es gibt viele Leute, die anhalten, wenn sie einen Hund sehen, der humpelt. Und wenn ich Leute sehe, die komplett erschöpft sind, dann helfe ich ihnen. Das ist doch normal.“
Cédric Hérrou, französischer Landwirt

Lange lebte Cédric als Olivenbauer allein im Roya Tal. Doch in die Grenzregion Alpes-Maritimes sind allein im vergangenen Jahr 30.000 Flüchtlinge gefasst und zurück nach Italien geschickt worden. Viele Franzosen sind deshalb für eine rigide Flüchtlingspolitik a la Front National. Cédric dagegen fährt mit seinem Auto sogar über die italienische Grenze und bringt die Flüchtlinge auf seinen Hof. Die Polizei hat ihn bei Kontrollen schon mehrfach geschnappt. Im August 2016 wurde er verhaftet, als er acht Eritreer mit an Bord hatte. Jetzt ist er vorbestraft: verurteilt als Schlepper, 3000 Euro auf Bewährung.

Trotzdem macht der 37-Jährige weiter. Momentan leben 40 Flüchtlinge auf seinem Hof. Nach ein bis drei Wochen ziehen sie weiter und suchen ihr Glück in Frankreich. Mit seinem besonderen Engagement für Flüchtlinge steht er nicht allein in Breil-sur-Roya. Mit anderen Flüchtlingshelfern hat er den Verein "Roya Citoyenne" gegründet, der inzwischen 250 Mitglieder stark ist. Die meisten sind wie die 66-jährige Catherine eher älter. Sie geben den Flüchtlingen Kleidung, versorgen sie mit Essen und Unterkunft.

Zwei Lager: Flüchtlingshelfer und -gegner

Wie beinahe ganz Frankreich ist auch Breil-sur-Roya in zwei Lager gespalten: Die Wähler des Front National und die anderen. Die Front-National-Wähler halten das Engagement des Vereins "Roya Citoyenne" für gefährlich, weil durch die Hilfe nur noch mehr Flüchtlinge ins Land gelockt würden. Nur: Selbst wenn Frankreich die Grenzen dicht macht, werden Menschen sich auf die Flucht begeben - die Dramen spielen sich dann eben woanders ab.

Auf die Frage, was er tun wird, wenn Marine Le Pen Präsidentin wird, zögert Cédric nicht lange:

"Wenn der Front National gewinnt, dann werden wir umso stärker weitermachen. Selbst, wenn wir eine rechtsextreme Präsidentin haben werden, werden wir Franzosen die liberalen Werte aufrecht erhalten."
Cédric Hérrou, französischer Landwirt
Shownotes
Präsidentschaftswahl Frankreich
Refugees welcome trotz Front National
vom 28. April 2017
Moderator: 
Dominik Schottner
Autorin: 
Hanna Ender, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin