Rebecca hat gelernt, ihren Zyklus besser zu lesen und mit den Schwankungen der verschiedenen Phasen umzugehen. Physiotherapeutin Saba Shakalio macht sich für zyklusbasiertes Training bei Leistungssportlerinnen stark und Lars Penke forscht zum männlichen Zyklus.
Rebecca ist Ende zwanzig, promoviert in einem technischen Betrieb und hat vor etwa eineinhalb Jahren herausgefunden, dass sie an der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) leidet. Im Unterschied zu prämenstruellen Syndrom (PMS) hat PMDS vor allem psychische Auswirkungen. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein und reichen von Kopfschmerzen bis hin zu Konzentrationsstörungen und depressiven Stimmungen. Einige Betroffene berichten auch von suizidalen Gedanken in der Phase vor der Menstruation.
"Bevor ich vor eineinhalb Jahren von PMDS gehört habe, habe ich mich oft gefragt, ob ich vielleicht bipolar oder depressiv bin."
Mit dem Einsetzen der Menstruationsblutung flachen diese Symptome wieder ab. Das ist auch bei Rebecca so, doch es war ein langer Weg bis zu ihrer Selbstdiagnose. Lange Zeit vermutete sie hinter den extremen Stimmungsschwankungen andere Erkrankungen, zog in Erwägung bipolar oder depressiv zu sein. Doch die Symptome verschwanden immer wieder und Rebecca ging es wieder gut.
Irgendwann hörte sie von PMDS, recherchierte die Symptome – und fand die lang ersehnte Erklärung für ihre Symptome. Sie beobachtete ihre kommenden Zyklen und ihre Beobachtungen deckten sich mit dem, was PMDS ausmacht.
Rebecca hat gelernt PMDS zu aktzeptieren
Rebeccas Umfeld und die menschen auf ihrer Arbeit gehen zum Glück sehr achtsam mit ihr um, erzählt sie. An einem Tag brach Rebecca während eines Meetings in Tränen aus – und ihre Kolleg*innen reagierten behutsam. Sie alle lernen erst, wie Rebecca selbst, was PMDS ist und wie es sie einschränken kann. Aber sie versuchen, ihr eine Hilfe zu sein.
Offen damit umzugehen und mit ihrem Chef und ihren Kolleg*innen zu sprechen, musste Rebecca ebenfalls erst lernen. An vielen Tagen dachte sie, sie sei zu selbstmitleidig, würde sich nur etwas vormachen, weil sie zu wenig leistete. Doch mit der Zeit lernte sie, PMDS und sich selbst an den schlechten Tagen anzunehmen und zu respektieren.
"Mir haben vor allem zwei Dinge geholfen: Mich selbst aufzuklären und meine Ernährung umzustellen – wenig Zucker, Alkohol, Koffein und tierische Produkte."
In diesem Prozess haben Rebecca vor allem zwei Dinge geholfen: Aufklärung und eine Ernährungsumstellung. Sie empfiehlt das Buch "Period Power" von Maisie Hill. Durch die Lektüre ist ihr klar geworden, dass die verschiedenen Phasen des Zyklus einen Sinn haben und sie die auch für sich nutzen kann. Wenn sie in der Lutealphase zurückgezogen ist, dann heißt das auch, dass sie zu diesem Zeitpunkt näher an ihren Bedürnissen dran ist und darauf hören kann.
In Sachen Ernährungsumstellung hat ihr geholfen, Zucker, Alkohol und Koffein zu reduzieren, weniger tierische Produkte zu sich zu nehmen und Nahrungsergänzungsmittel wie etwa Mönchspfeffer zu nutzen.
"Ich hatte selbst als junge Athletin immer wieder Probleme Expert*innen zu finden, die sich mit Leistungsschwankungen im Zyklus auskennen – deshalb forsche ich nun selbst daran."
Saba Shakalio ist Physiotherapeutin und Athletiktrainerin des Frauenteams des FC St.Pauli. Außerdem forscht sie zu zyklusbasiertem Training und setzt dieses um. Die verschiedenen Zyklusphasen wirken sich auf die Leistungsfähigkeit aus. Das hat Saba Shakalio schon früh gelernt: Bis zu ihrem 20. Lebensjahr hat sie professionell Wasserball gespielt und die monatlichen Leistungsschwankungen am eigenen Körper wahrgenommen.
Vor allem bei Wassersportarten fällt die jeweilige Zyklusphase ins Gewicht. Viele Frauen fühlen sich beispielsweise während der Menstruation im Wasser schwerer, weil sich bei ihnen in dieser Phase Wassereinlagerungen ansammeln. Dieses Gefühl wirkt sich beispielsweise auf die Schwimmtechnik aus.
In der Wissenschaft sind zyklusbasierte Leistungsschwankungen bei Frauen noch wenig erforscht. Deshalb verbindet Saba Shakalio ihre Forschung mit der direkten Kommunikation mit Athlet*innen, spricht mit ihnen über ihre persönlichen Erfahrungen und erstellt ihnen individuelle Trainingspläne, die das Hormonprofil der Frauen berücksichtigen.
Zyklusbasiertes Training bedeutet, die jeweilige Phase für ein intensives Training oder eher regenerative Einheiten zu nutzen – je nachdem, welche Hormone vermehrt ausgeschüttet werden.
"Wenn die Frauen sich in der Phase befinden, in der sie mehr anabole Hormone ausschütten, kann das Training intensiver sein. In der katabolischen, also abbauenden Phase, sollte das Training regenerativer sein."
Jede Phase des Zyklus ist unterschiedlich und kann für unterschiedliche Elemente des Trainings genutzt werden. Wichtig ist laut Saba Shakalio, für und nicht gegen die eigene Physiologie zu arbeiten. In den Tagen vor der Blutung beispielsweise, schüttet der Körper vermehrt Kortisol aus, also ein Stresshormon. Dieser Stress wirkt sich nicht nur auf unsere Psyche aus, sondern auch auf unseren Körper und damit auch auf unsere Leistung.
Jahrelang wurden Frauen wegen ihres Zyklus von sportwissenschaftlichen Studien ausgeschlossen, weil er als Störfaktor galt. Das heißt in der Sportwissenschaft sind Frauen oft unterrepräsentiert und viele Ergebnisse stimmen für sie nur bedingt. Früher sollten viele Leistungssportlerinnen aus diesem Grund die Pille nehmen. Doch Saba Shakalio sagt: Diese Frauen lieferten keine bessere Leistung ab – oft sogar ganz im Gegenteil.
"Unterdrücken wir den Zyklus mit der Pille, nehmen wir nicht nur die Talfahrt weg, sondern auch die Bergfahrt – das heißt wir schneiden uns auch die Möglichkeit ab, diese Phase für gute Leistungen zu nutzen."
Saba Shakalio rät allen Frauen, sich mit der eigenen Physiologie zu beschäftigen – egal, ob Leistungssportlerin oder nicht. Sie empfiehlt, den eigenen Zyklus zu tracken und dabei auch zu notieren, welche Symptome auftreten, welche Phase sich besonders energetisch oder erschöpfend anfühlt und wie die eigene Fitness beispielsweise im Training während des Monats schwankt.
In dieser Ab 21 hört ihr außerdem, dass auch Männer einen Zyklus haben – der dauert allerdings eher 24 Stunden. Dabei kommt es vor allem auf das Hormon Testosteron an.
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- Rebeccas Weg zur Selbstdiagnose von PMDS
- Dr. Lars Penke über Einflüsse beim männlichen Zyklus
- Physiotherapeutin Saba Shakalio über zyklusbasiertes Training