Corona-bedingt auf Kontakt und Berührung zu verzichten, kann belastend sein. Daher sollten wir lernen, wie wir Nähe anders erfahren können, sagt Psychotherapeutin Lena Kuhlmann. Das sollte aber erst der Anfang sein, wenn es der Psyche nachhaltig besser gehen soll.
Könnt ihr euch gerade vorstellen, auf eine WG-Party zu gehen, alle Gäste zu umarmen, den Leuten nahezukommen und vielleicht danach spontan bei einer Freundin zu übernachten? Diese Vorstellung kann im Pandemie-Winter ein mulmiges Gefühl auslösen, nicht nur wegen Corona.
Mit so viel plötzlicher Nähe wären wir nach den umfangreichen Kontaktbeschränkung vielleicht schlicht überfordert - haben wir das Nahsein sogar ein stückweit verlernt?
"Tatsächlich ist es so, dass wir da ein bisschen aus der Übung kommen können."
"Wenn wir weniger Kontakt mit anderen Leuten haben, und das über eine längere Zeit, dann kann es sein, dass wir das wieder ein bisschen erlernen müssen", sagt die Psychotherapeutin Lena Kuhlmann.
Nähebedürfnis wird in der Pandemie oft nicht gestillt
Gerade während der Coronavirus-Pandemie erfahren wir deutlich weniger Nähe und müssen diesbezüglich "umlernen", sagt Lena Kuhlmann: "Dass wir einander nah sind und auch Kontakt haben, aber auf eine andere Art." Das kann zum Beispiel online stattfinden oder per Telefon. "Wir können einander auf verschiedenen Arten nah sein."
Gleichzeitig sollten wir mithilfe von anderen Ressourcen die psychische Gesundheit unterstützen, betont Lena Kuhlmann: Wie etwa eine feste Struktur etablieren, oder mehr in Hobbys investieren – es geht um Dinge, "die uns guttun, wenn wir uns gerade nicht so häufig mit anderen treffen können", beschreibt die Therapeutin. An diesen Strategien sollten wir auch nach der Pandemie festhalten.
"Alles tun, bei dem man denkt: Das kann jetzt meiner Seele über diese Zeit helfen."
Es gibt Strategien, mit Pandemie-bedingten unangenehmen Gefühlen wie Einsamkeit umzugehen, sagt die Psychotherapeutin: "Eine ist, darüber zu sprechen und uns dessen bewusst zu werden. Eine andere ist, zu sagen: Ich suche mir andere Objekte, wo ich mit meiner Liebe hinkann." Eine weitere Möglichkeit sei es, zu versuchen, das negative Gefühl in ein positives umzukehren.
Wir könnten uns auf die Zeit nach der Pandemie fokussieren und Dinge aufschreiben, die wir nachholen möchten. "Angefangen von Feiern im Garten mit anderen, gemeinsam kochen oder Kino – alles, was jetzt im Moment gerade schwierig ist", beschreibt die Therapeutin.
Radikale Akzeptanz der Situation
In Situationen, die wir nicht verändern können – wie die Beschränkungen während der Pandemie –, empfiehlt Lena Kuhlmann den achtsamkeits-basierten Ansatz der "radikalen Akzeptanz". Dabei sollten wir uns darüber bewusst werden, dass wir bestimmte Dinge nicht ändern können, aber in der Lage seien, die innere Haltung dazu zu steuern.
"Das ist ganz wichtig, um aus einer Ohnmacht herauszukommen", so die Therapeutin. So könnten wir die negative Gedankenspirale stoppen, um wieder aktiv zu werden.
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