Wladimir Putin hat mit dem, was er in der Ukraine tut beziehungsweise tun lässt, auch viele Unterstützer und Anhänger – und das nicht nur in Russland. Die BBC berichtet von ausgedehnten Netzwerken von "Putin-Superfans" in den sozialen Medien.
Eine der Putin-Superfan-Gruppen bei Facebook trägt den klangvollen Namen "Vladimir Putin – Leader of the Free World". Sie verbreitet schöne Bilder des russischen Präsidenten, auf denen er laut BBC "Welpen im Arm hält, schmachtend in die Kamera starrt, Truppen salutiert und eine Reihe von wilden Tieren reitet, darunter Bären und Löwen".
Putin-Lobpreisungen in diversen Sprachen
Die Fans verbreiten natürlich auch Lobpreisungen über Putin, und das in diversen Sprachen, damit die Message auch ankommt: in Englisch, Russisch, aber zum Beispiel auch Arabisch, Farsi und Khmer.
Die Superfan-Gruppen haben auf den ersten Blick eine große Reichweite, sagt Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter Michael Gessat. Fachleute haben zehn Putin-Superfan-Gruppen auf Facebook identifiziert mit insgesamt 650.000 Mitgliedern. Dort wurden demnach allein im letzten Monat 16.500 Posts abgesetzt und 3,6 Millionen Interaktionen haben stattgefunden.
Untersuchung des Institute for Strategic Dialogue
Die Expertinnen und Experten, deren Untersuchung dem BBC-Bericht zugrunde liegt, kommen vom ISD, dem Institute for Strategic Dialogue (ISD). Das ist ein in London ansässiger Thinktank mit Ablegern in den USA, Deutschland und Frankreich, der sich den Kampf gegen Extremismus, Hass und Desinformation auf die Fahnen geschrieben hat. Mit dabei in dieser Denkfabrik sind unter anderem Springer-Chef Matthias Döpfner oder Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg.
"Viele Administratoren der Putin-Superfan-Gruppen betreiben eine ganze Reihe von Einzelaccounts unter verschiedenen Namen und hauen dort dann denselben Content raus."
650.000 Mitglieder hört sich erst mal viel an. Das ISD hat aber rausgefunden, dass viele der Gruppen-Administratoren eine ganze Reihe von Einzelaccounts unter verschiedenen Namen betreiben und dort dann denselben Content simultan raushauen. Die Accounts folgen sich einander und tauschen Messages und Emojis untereinander aus – das ist das übliche Verfahren, um Relevanz und Reichweite vorzutäuschen.
Vortäuschung von Relevanz und Reichweite
Die BBC hat versucht, einige besonders auffällige Gruppen-Admins zu kontaktieren und nach den Motiven ihrer Putin-Liebe zu befragen: Ein Mann aus Kenia hat den russischen Präsidenten demnach am Telefon als "großen Führer" bezeichnet. Über den Krieg wollte er aber wohl nicht diskutieren. Eine Frau aus Armenien hat betont, sie werde für ihre Aktivitäten nicht bezahlt.
Die russische Regierung und ihr nahestehende Kreise sind seit vielen Jahren mit allen möglichen Propaganda- und Trollaktionen in den Sozialen Medien unterwegs.
Putin und Trump
Einige der Putin-Illustrationen in diesen Gruppen, die den russischen Langzeit-Präsidenten etwa in Zarenuniform oder mit Lawrence-of-Arabia-Kopftuch zeigen, kommen unserem Netzreporter stilistisch bekannt vor: Sie erinnern ihn an die Kitschbilder, die bei der US-Präsidentenwahl Trump vs. Clinton verbreitet worden waren: Jesus alias Trump beim Armdrücken mit Satan alias Hillary Clinton zum Beispiel.
"Putin hat Fans, bekanntlich gerade in ultrarechten Kreisen, auch im Westen. Und ob bei denen das Oberstübchen schlimmer durcheinander ist, als bei Bisonfell-tragenden Kapitol-Erstürmern in den USA, deren Superheld Donald Trump war oder ist – das ist eine schwierige Abwägung."
Offenbar haben die Super-Fans sogar Fake-Facebook-Profile im Namen von Wladimir Putin himself lanciert – eines davon hat es unter anderem mit Postings zum russischen Corona-Impfstoff auf drei Millionen Follower gebracht, ehe es dann Ende Februar von Facebook abgeschaltet wurde.
Das digitale Treiben sei reichlich bizarr, findet Michael Gessat. Als totalen Fake würde er das aber nicht beschreiben, sagt er. Denn das Putin auch viele, sehr reale Fans hat, gerade in ultrarechten Kreisen auch im Westen, ist schon lange bekannt.