Ein junger Syrer wird in Erfurt in einer Straßenbahn von einem Mann rassistisch beleidigt und brutal angegriffen - die anderen Fahrgäste filmen den Vorfall, aber niemand greift ein. Was wir tun können, wenn wir aus nächster Nähe sehen, wie es zu einem beleidigenden oder gewalttätigen Übergriff kommt, fasst Deutschlandfun-Nova-Reporter Henri Sarafov zusammen.

Entsetzen, Bedrückung und die Angst, dass der 17-jährige Syrer lebensgefährlich verletzt werden könnte, all das paart sich beim Ansehen des Videos, das Fahrgäste während eines rassistischen Angriffs in einer Erfurter Straßenbahn am 24. April aufgenommen haben. Ein Mann beleidigt den jungen Syrer mehrfach und tritt dann viermal gegen dessen Kopf.

Wer Augenzeuge einer solchen Tat wird und sich einmischen möchte, hat meist Angst, selbst Ziel des gewalttätigen Übergriffs zu werden. Trotzdem ist Hife und Solidarität in so einem Fall Pflicht. Wer nicht eingreift, könnte sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen.

Immer sofort handeln

Eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle Soliport rät daher, Augenkontakt mit dem Betroffenen aufzunehmen und ihn oder sie, sowie Umstehende direkt anzusprechen. Wir sollten uns dabei auf den Angegriffenen konzentrieren und nicht auf den Täter.

Ruhig bleiben, bestimmt auftreten, nicht aggressiv werden

Damit die Situation nicht weiter eskaliere, sollten wir ruhig und bestimmt auftreten und auf keinen Fall aggressiv reagieren, sagt die Mitarbeiterin der Beratungsstelle.

Eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle "Soliport"
"Die betroffene Person ansprechen, andere Umstehende ansprechen und zusammen ruhig versuchen, die betroffene Person aus der Situation rauszunehmen."

Wer Angst hat, selbst angegriffen zu werden, kann die Polizei rufen. Im Notfall kann auch das Ziehen der Notbremse eine Lösung sein, wenn wir wie - in diesem Fall - in einer Straßenbahn sind. In der Regel würde das kein Bußgeld nach sich ziehen. Falls doch, könnten wir uns an eine Beratungsstelle wenden, fasst Henri zusammen.

Sich als Zeuge anbieten

Ganz wichtig sei es auch, dass wir dem Betroffenen nach der Tat signalisieren, dass wir für ihn oder sie da sind, indem wir unsere Unterstützung und Hilfe anbieten. Wir könnten beispielsweise vorschlagen, als Augenzeuge aufzutreten und unsere Kontaktdaten aufschreiben, empfiehlt eine Mitarbeiterin der Bremer Beratungsstelle.

Dabei sollten wir darauf achten, den Betroffenen nicht zu bevormunden, sondern nur Angebote zu machen.

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"Durch dieses Video wurde für viele Leute wieder sichtbar: Ja, Rassismus existiert, es ist noch immer ein Riesenproblem und wir müssen handeln."
Henri Sarafov, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Umstehende, die die Tat mit einer Handykamera filmen, können dazu beitragen, dass der Täter – wie in diesem Fall – gefasst wird. Direkt einzugreifen ist aber die bessere Wahl. Selbstverständlich müssen wir dabei darauf achten, dass wir uns selbst nicht in Gefahr bringen.

Gehen solche Videos viral und werden massenhaft geteilt, könnte das auch dazu führen, dass die Betroffenen sich in eine Opferrolle gedrängt fühle, sagt eine Sprecherin der Bremer Beratungsstelle Soliport.

Das Opfer einer rassistischen Gewalttaten hat keine Kontrolle über die Verbreitung des gefilmten Materials und könne dadurch immer wieder an solche traumatischen Erlebnisse erinnert werden, sagt die Sprecherin.

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"Online-Beratung per Chatbot - "Meta" vermittelt Opferberatung und Rechtsbeistand"

Beratungsstellen, die bei rassistischen Übergriffen helfen

  • Soliport berät Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Bremen
Shownotes
Gewalt in der Öffentlichkeit
Rassistische Übergriffe – wie wir als Unbeteiligte reagieren können
vom 28. April 2021
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Henri Sarafov, Deutschlandfunk-Nova-Reporter