Der flüchtige Bekannte aus der Nachbarschaft oder die Tante, die wir zweimal im Jahr sehen – oft wissen wir wenig über sie. Wenn wir dann mal über den Smalltalk hinauskommen, kann das helfen, jemand anderen besser kennenzulernen. Die Psychologin Yvonne Keßel gibt Tipps.
"Ach, hallo, wie gehts?" – "Danke, gut und dir?". Viele Alltagsgespräche bleiben oberflächlich und wir erfahren wenig über unser Gegenüber. Kurz darauf trennen sich unsere Wege wieder, bis wir uns das nächste Mal über den Weg laufen. So kann man sich jahrelang sehen, ohne sich wirklich richtig kennenzulernen und näher zu kommen.
"Das 'Sich-öffnen' fällt dann leicht, wenn ich auch über mein Gegenüber viel weiß."
Manchmal kommt es darauf an, zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen, sagt die Diplom-Psychologin und Paartherapeutin Yvonne Keßel. Zwar kann man sich auch bei Aktivitäten kennenlernen, aber oft erfahren wir dabei nicht, wieso jemand etwas tut und was die Person im Innersten bewegt.
Es kommt darauf an, wie intensiv der Kontakt ist
Intensive Gespräche können uns eher helfen, uns jemandem näher zu fühlen und den Eindruck zu bekommen, dass wir den anderen gut kennen. Es ist allerdings eine Typfrage, ob jemandem das Herz auf der Zunge liegt oder man sich eher zurückhält, sagt die Psychologin.
Das Gefühl, dass man besonders viel über den anderen erfährt, stelle sich oft ein, wenn wir in jemanden verliebt sind und der oder diejenige das Gleiche für uns empfindet, sagt Yvonne Keßel. Denn in der Regel verbringt man dann viel Zeit miteinander, stellt viele Fragen und möchte vieles erfahren. So bekommen wir das Gefühl, den anderen gut zu kennen, in Höchstgeschwindigkeit.
Kim Hoss ist Musikerin. Ihre Oma Inge kennt sie schon ihr Leben lang. Aber das Gefühl, ihr wirklich nah zu kommen, hatte sie erst, als sie begann, einen Podcast mit ihr aufzunehmen.
Kim lernte ihre Oma durch einen gemeinsamen Podcast besser kennen
Kim bemerkt dabei, dass sie bei den Aufnahmen Dinge über ihre 96-jährige Oma erfährt, die sie bis dato nicht wusste. Sie stellt fest, dass sie später auch einmal so sein möchte wie ihre Oma jetzt.
"Sie trägt so viel Neugier, Mut und Humor in sich. Das hält sie sehr fit und interessiert am Leben."
Ihre Oma Inge sei anfangs skeptisch gewesen, aber ab der dritten Folge sei es wie von selbst gelaufen. Auch Kim sei zu Beginn noch ein wenig zurückhaltend gewesen, erst nach etwa 20 Folgen sie angefangen, die "krassen" Fragen zu stellen, weil sie das Gefühl hatte, dass genug Vertrauen zwischen Inge und ihr gewachsen war, erzählt die Musikerin. Inzwischen schicken sich die beiden täglich SMS und tauschen sich intensiv über persönliche Dinge aus, sagt sie.
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- Kim hat ihre Oma über Gespräche richtig gut kennengelernt
- Wie wir jemanden richtig kennenlernen - Gespräch mit Yvonne Keßel