Laura Dahlmeier ist Doppel-Olympiasiegerin und siebenfache Weltmeisterin im Biathlon. Als sie 25 Jahre alt ist, entscheidet sie, ihre Biathlonkarriere zu beenden – heute widmet sie sich dem Bergsteigen. Dabei schläft sie in extremen Höhen und sogar an Steilwänden. Was macht das mit dem Schlaf?
Ihre aufregendste Nacht hat Laura Dahlmeier im Yosemite-Nationalpark verbracht: In der steilen Kletterwand Salathé am El Capitan hat sie auf einem Portaledge geschlafen. Das Portaledge funktioniert wie eine Art Feldbett in einer steilen Kletterwand. Nur über wenige Bohrhaken im Fels wird die kleine Plattform befestigt. Die ganze Nacht über war Laura Dahlmeier über einen Klettergurt gesichert.
"Ich hab's megacool gefunden und gar nicht so glauben können. Ich habe mich auf die Seite gedreht und mir gedacht: Wow, da pfeift es jetzt 800 Meter runter, weiter umdrehen bitte nicht."
Trotzdem erzählt Laura Dahlmeier, dass sie in dieser Nacht gut geschlafen hat. Denn sie vertraut ihrem Material, also den Sicherungsseilen und -gurten zu 100 Prozent. Vertrauen ist das richtige Stichwort, sagt Schlafforscherin Christine Blume von der Uni Basel.
"Das Vertrauen ins Material und auch in die eigenen Fähigkeiten spielt eine ganz wichtige Rolle."
Denn nur mit diesem Vertrauen sei es überhaupt möglich, den Kopf abzuschalten, um in so einer Extremsituation überhaupt einschlafen zu können.
Herausforderung für den Körper
Es gibt allerdings einen weiteren Aspekt, der den Schlaf bei extremen Expeditionen beeinflusst: die Höhe an sich. Laura Dahlmeier kennt die Problematik von einer Expedition am Ama Dablan in Nepal. Es war damals ihre erste Nacht in über 6000 Metern Höhe.
"Da war der Tag schon recht anstrengend. Und da habe ich einfach das Gefühl gehabt, ich kriege nicht wirklich Luft. Ich hab’ einfach nicht geschlafen und mir gedacht, am liebsten würde ich direkt wieder absteigen."
Studien haben gezeigt, dass sich die Art, wie wir im Schlaf atmen, schon ab circa 1500 bis 2000 Meter Höhe verändert. Das heißt: Auch bei einer Übernachtung in den Alpen oder am höchsten Punkt des Schwarzwalds kann diese Veränderung schon spürbar sein. Denn in der Höhe kommt es zu einer sogenannten periodischen Atmung: Nach zwei bis vier Atemzügen folgt eine Atemause der gleichen Länge.
Periodische Atmung: Atmen mit Pausen
Die Erklärung dafür ist, dass in der Höhe der Sauerstoffpartialdruck sinkt – wir sprechen von "dünner Luft". Das verändert die Signale im Gehirn, die auch die Atmung regulieren. In der Wissenschaft wird vermutet, dass die periodische Atmung eine notwendige Anpassung des Körpers an die herausfordernde Situation ist. Denn diese Art der Atmung sorgt dafür, dass sich der Sauerstoffgehalt im Blut erhöht. Mit der Akklimatisierung – wenn wir also bereits ein paar Tage in der Höhe verbracht haben – wird unsere periodische Atmung sogar stärker.
"Man macht zwei bis vier Atemzüge und dann gibt es eine Pause von der gleichen Länge. Also wir atmen nicht."
In der neuen Folge "Über Schlafen" sprechen Moderatorin Ilka Knigge und Schlafforscherin Christine Blume mit der Bergsteigerin Laura Dahlmeier über ihre Erfahrungen mit dem Schlaf auf Expeditionen. Anhand von Studien erklärt Christine Blume, wie der Körper auf die extremen Belastungen reagiert.
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