Spätestens seit 1999 sind Mallorca-Hits ein eigenes Genre: Mit "Zehn nackte Frisösen" hat es damals angefangen. Eigentlich ist das Ganze auch eine Form von Protest, findet Musikwissenschaftlerin Marina Forell. Sexismus inklusive.

Saufen, Sexismus und ein eingängiger Refrain – fertig ist der Ballermann-Schlager. Mickie Krauses "Zehn nackte Frisösen" ist das älteste Beispiel. 1999, also vor 25 Jahren, wurde dieser erste große Ballermann-Hit veröffentlicht. Der Song war direkt auf das Ballermann-Partyviertel in Palma de Mallorca zugeschnitten, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anne-Katrin Eutin. (Unser Bild zeigt Mickie Krause im Jahr 2003 während eines Auftritts in der Discothek Riu Palace in Playa de Palma.)

"Platz 26 in den Single-Charts. Für einen Partyschlager war das damals ein Riesenerfolg. Vorher gab es auch schon Ballermann-Hits, aber das waren dann generell Schlager."
Anne-Katrin Eutin, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin über "Zehn nackte Friseusen"

Eine weitere Gemeinsamkeit der Songs: Fast alle zielen unter die Gürtellinie. Beispiele gefällig? "Bumsbar" von Ikke Hüftgold, "Oben ohne" von Julian Sommer – oder auch "Layla" aus dem Jahr 2022.

Ballade von der "geilen Puffmutter"

Dem alles andere als anspruchsvollen Text zufolge ist die Puffbetreiberin mit dem Namen Layla "schöner, jünger, geiler" und ein "Luder".

"Sexismus gehört zur Partykultur auf Mallorca. Ich glaube nicht, dass es da zur Einsicht kommt, dass man es jetzt mal lässt mit dem Sexismus."
Marina Forell, Musikwissenschaftlerin

Ein bisschen werde der Sexismus der Mallorca-Songs auch von manchen Frauen geduldet, sagt die Musikwissenschaftlerin Marina Forell. Ein Ende dieser Tradition sei nicht abzusehen.

"Eine Art Protestsong"

Die Musikwissenschaftlerin versteht die Ballermann-Hits als Ventil für Mallorca-Reisende, als Möglichkeit, loszulassen – und sogar als eine Art von Protestsong.

"Ich glaube, dass die Leute, die nach Mallorca fahren, loslassen wollen, eine Art Protestsong brauchen. Das ist vielleicht eine Art Ventil, alles mal umzukehren."
Marina Forell, Musikwissenschaftlerin

Neben den thematischen Mustern der Mallorca-Songs ist noch ein kompositorisches Schema auffällig, sagt Anne-Katrin Eutin. Und zwar die Akkordfolge: G-Moll, Es-Dur, B-Dur, F-Dur. Sie bildet zwar auch bei Popsongs häufig die Basis der Harmonie, wird für einen Ballermann-Hit allerdings meistens noch ein bisschen beschleunigt.

Sexismus in G-Moll

Dann kommt noch ein Dance-Beat darüber, dazu der Gesang mit (leicht oder stark) sexistischem Text. Und fertig ist der nächste Mallorca-Kracher.

Für Bildungsbewusste und solche, die es werden wollen, gibt es die "Zehn nackten Frisösen" übrigens auch als Kunstlied – im Stil des österreichischen Komponisten Arnold Schönberg. Der Vorteil: Die Fassung ist kürzer und geht über das gewohnte Maß an Mallorca-Harmonien doch deutlich hinaus.

Viel Spaß damit:

Shownotes
25 Jahre "Zehn nackte Frisösen"
So funktionieren Ballermann-Hits
vom 27. Juni 2024
Moderation: 
Till Haase und Sebastian Sonntag
Gesprächspartnerin: 
Anne-Katrin Eutin, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin