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Solo-Sex ist gesund – aber oft noch schambehaftet. Vika spricht offen darüber. Sie lernt über Selbstbefriedigung ihren Körper kennen. Wie wir uns an das Solo-Play annähern können und warum die Sexualforschung bei Masturbation lange nur an Männer dachte.

Das Wasser in der Badewanne ist warm. Die Kerzen sorgen für eine gemütliche Stimmung. Für Vika ist das die perfekte Situation, um sich selbst zu befriedigen. Für sie ist Solo-Sex Selfcare. Vika ist 26 Jahre alt und spricht auf Social Media über sexpositive Inhalte.

Diese Entspannung ist für sie ein Turn-on. Früher waren das Pornos. Sie hat bei sich auch beobachtet, dass es bei ihr auf die Stimmung ankommt. "In manchen Wochen bin ich jeden Tag dabei – wenn ich meinen Eisprung habe – und in anderen Wochen, wie jetzt zum Beispiel, bin ich gerade kurz vor meinen Tagen und habe keinen Bock", sagt sie.

"Solo-Sex ist für mich ein Kennenlernen des eigenen Körpers."
Vika, befriedigt sich regelmäßig selbst

Wenn Vika Sex mit sich selbst hat, lernt sie dadurch ihren Körper kennen. Lust und sexuelle Erregung zu spüren, ist für sie eine Funktion des Körpers, die sie entdecken und für sich nutzen möchte. Darüber redet sie offen, unter anderem mit ihren Freund*innen. Sie tauschen sich beispielsweise über ihre Positionen beim Sex aus und auch darüber, was ihnen hilft.

Sich selbst befriedigen: Bedeutung im Laufe der Zeit

Über Selbstbefriedigung, Solo-Sex, Masturbation zu sprechen, war lange ein Tabu. Mitte des 18. Jahrhunderts wird Selbstbefriedigung sogar als sehr problematisch dargestellt, besonders bei Jungen und Männern. Damals "erscheint auch eine ganze Menge zunächst medizinische und danach auch pädagogische Literatur, um gerade Jungen von der Masturbation fernzuhalten", erklärt Heinz-Jürgen Voß. Er ist Professor für angewandte Sexualwissenschaften an der Hochschule Merseburg.

"Mitte des 18. Jahrhunderts wird Selbstbefriedigung, Masturbation als sehr problematisch beschrieben."
Heinz-Jürgen Voß, Professor für angewandte Sexualwissenschaften, über das Tabu Masturbation

Männer wurden als triebgesteuert beschrieben und Frauen als passiv. Deswegen hat sich die Sexualforschung für eine lange Zeit in erster Linie mit Männern beschäftigt, weil sie als aktiver galten. Erst ab dem 20. Jahrhundert wurde die Sexualität von Frauen mehr zum Thema gemacht.

Die Forschung hat sich ab Mitte der 1970er-Jahre dann auch mit Masturbation beschäftigt. In ersten Befragungen dazu in den 80er-Jahren gaben zwei Drittel der Jungen an, sich selbst zu befriedigen. Bei den Mädchen war es rund ein Sechstel.

Toxische Männlichkeit und Emanzipation

Heute hat sich die Einstellung zur Selbstbefriedigung deutlich verändert, wie Befragungen zeigen. Jetzt sind es knapp 100 Prozent der befragten Jungen. Und 80 Prozent der befragten Mädchen. Daraus kann man ableiten: Sich selbst mit der eigenen Sexualität zu beschäftigen und das nicht von Partner*innen abhängig zu machen, ist heutzutage ein gesellschaftlicher Standard.

Innerhalb der Gesellschaft gibt es eine Tendenz hin zu Sexpositivität und weg von Stereotypen. Bestimmte Gruppen blicken aber auch heute noch eher kritisch auf Selbstbefriedigung. "In Kreisen einer toxischen Männlichkeit – also wo gerade das Anrecht von Männern auf Frauen eingefordert wird oder auch praktiziert werden soll – wird tatsächlich eher abgesprochen, dass Selbstbefriedigung eine gute Befriedigung sei, sondern es wird als 'Ersatzbefriedigung' stigmatisiert", erläutert Heinz-Jürgen Voß.

Für Frauen sei Masturbation hingegen ein emanzipatorischer Akt geworden. Dabei geht es darum, selbstermächtigend mit dem eigenen Körper umzugehen und sich von Denkweisen zu befreien, etwa dass Sex ausschließlich mit einem Mann möglich wäre.

Schamgefühl und Unwissenheit

Mit wie viel Scham (Solo-)Sex oft noch verbunden ist, beobachtet Lea Holzfurtner in Gesprächen mit ihren Klient*innen. Sie ist zertifizierter Sexcoach und psychologische Beraterin. "Für ganz viele Menschen – eigentlich egal welches Geschlecht – aber gerade für Menschen, die als Frauen aufgewachsen sind, ist das oft noch ein Thema, das mit Schamgefühlen behaftet ist", sagt sie.

"Ohne Solo-Sex ist es total schwer herauszufinden, was man für sich selber wirklich braucht."
Lea Holzfurtner, zertifizierter Sexcoach und psychologische Beraterin

Es gäbe auch eine große Unwissenheit über den eigenen Körper. Sie möchte Solo-Sex daher normalisieren und klar machen, wie gesund Selbstbefriedigung ist. Es gehe darum, Wissen zu vermitteln.

Solo-Sex: lernen, entdecken, nachfühlen

Um sich und seinen Körper (besser) kennenzulernen, hat sie folgende Tipps:

  • Wissen erlangen: Wie ist der Körper aufgebaut? Welche Körperbereiche sind wichtig? Wie funktioniert Lust?
  • Spielerisches Entdecken: Was fühlt sich gut an? Wie fühlt sich die Berührung zum Beispiel in der Vagina an und wie an der Klitoriseichel? Ist es mit der Hand besser oder mit Sex-Toys?
  • Mentale Erregung: Was brauche ich, um Lust zu empfinden? Was erregt mich? Sind es Fantasien, Stoffe, Gerüche oder Berührungen?
"Masturbation und Solo-Play können ein unglaublich direkter und gerader Weg sein zu einer erfüllten Sexualität."
Lea Holzfurtner, zertifizierter Sexcoach und psychologische Beraterin

Wenn wir wissen, was uns guttut und worauf wir stehen, können wir auch unsere Erwartungshaltung managen, weil wir zum Beispiel wissen, "dass die Klitoris für alle Orgasmen von Menschen mit Vulva verantwortlich ist. Solche Dinge zu wissen, ermöglicht einem eben auch klitorale Stimulation mit einzubauen", sagt Sexcoach Lea Holzfurtner. Unsere Erkenntnisse und Erfahrungen können wiederum dabei helfen, wenn wir Sex mit anderen Menschen haben.

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Shownotes
Solo-Sex
Selbstbefriedigung: Wie machen wir es uns am besten?
vom 25. Juni 2025
Gesprächspartnerin: 
Vika, macht Content auf Social Media zu Sexpositivität (@vikykid)
Gesprächspartnerin: 
Lea Holzfurtner, zertifizierter Sexcoach und psychologische Beraterin
Gesprächspartnerin: 
Heinz-Jürgen Voß, Professor für angewandte Sexualwissenschaften, Hochschule Merseburg
Autorin und Host: 
Shalin Rogall
Redaktion: 
Columba Krieg, Betti Brecke, Christian Schmitt, Friederike Seeger
Produktion: 
Susanne Beyer