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Hannah spielt leidenschaftlich Fußball. Sie brennt für den Sport, aber ganz besonders für ihren Verein. Wie wichtig dieses soziale Netz ist und wie wir als Neuling gut im Verein klarkommen, erklärt Psychotherapeutin Rosalie Weigand.

Seit fast zehn Jahren schon spielt Hannah in einem Verein Fußball. Damals, 2016 war das, wurde sie beim Kicken an ihrer Uni angesprochen, ob sie bei einem Probetraining beim Verein Kickerinhas in Berlin-Neukölln mitmachen möchte.

Hannah sagte zu, war aber auch nervös, weil sie gar nicht wusste, was sie erwartet: Und: Ich stehe ja im Tor, hatte aber zu dem Zeitpunkt eine Fingerverletzung. Das heißt, ich habe mir noch Sorgen gemacht: Ich kann ja gar nicht zeigen, dass ich einigermaßen ok im Tor stehe!"

Freunde finden im Verein

Hannahs Sorge war aber unbegründet. Zwischen ihr und den anderen Vereinsmitgliedern hat es von Anfang an gut gepasst. Auch zwischen ihr und der anderen Torfrau damals gab es gar keinen Konkurrenzkampf, erinnert sie sich. Insgesamt gefällt ihr das soziale Miteinander im Team.

"Wir sind nicht alle befreundet. Aber ich weiß, wenn ich da hingehe, dann treffe ich auf einen Haufen Menschen, mit denen ich mich sehr gut verstehe."
Hannah, spielt Fußball in einem Verein und ist dort mittlerweile auch Schatzmeisterin

Natürlich versteht sich Hannah nicht mit allen gleich gut: "Wir kennen uns alle auf dem Fußballplatz und im Training. Bei manchen Menschen komme ich mehr privat ins Gespräch, aber bei manchen Menschen ist es auch nur das, was man teilt: zusammen Fußball zu spielen." Oft geht das ganze Team nach Spielen auch noch mal was trinken. Und mit einigen Leuten trifft sich Hannah auch mal privat auf einen Kaffee.

Auch lose Beziehungen sind wichtig

Solche losen Beziehungen, wie Hannah sie beschreibt, können für uns sehr wichtig sein und manchmal sogar nahe Kontakte ersetzen, erklärt Ulrike Scheuermann. Sie können dafür sorgen, so die Psychologin, dass wir uns aufgehoben, verbunden und auch sicher fühlen.

"In eine Gemeinschaft eingebunden zu sein, ist etwas, das ganz viel Sicherheit und ein ruhigeres Lebensgefühl bewirken kann."
Ulrike Scheuermann, Psychologin, hat ein Buch über die Wichtigkeit sozialer Kontakte für ein gesundes, langes und glückliches Leben geschrieben

"Wenn man sich grundsätzlich wohl- und sich angenommen fühlt, trägt das dazu bei, dass man sich eingebunden fühlt", so die Psychologin. Das ist ein Grundbedürfnis des Menschen, erklärt sie. Wer sich einsam fühlt, dem fehlt dieses Gefühl von Eingebundenheit.

Verein kann bei Einsamkeit helfen

In einen Verein einzutreten, ist deshalb eine Möglichkeit, Einsamkeit zu lindern, sagt Ulrike Scheuermann: "Dort sind viele Menschen, viele verschiedene. Manchen fühlt man sich näher, manchen entfernter." Im Schnitt sind es, wenn es gut läuft, Menschen, "mit denen man gut zurecht kommt und die für dieses stresslösende und beruhigende Gefühl sorgen."

Beziehungspflege braucht Zeit

Wie viele enge oder lose Beziehungen jemand im Leben will, ist von Person zu Person unterschiedlich. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, sagt die Psychologin. Einigen genüge es zum Beispiel, eine Partnerin oder einen Partner und wenige Freunde zu haben. Und: "Es ist ja auch immer eine Zeitfrage. Bindungen und Beziehungen zu pflegen, braucht immer Zeit. Und so viel soziale Zeit haben wir auch gar nicht."

Einige Menschen seien auch ganz zufrieden damit, nur entferntere Kontakte zu haben, so Ulrike Scheuermann. Das betreffe zum Beispiel Menschen, die sich nicht so gerne öffnen und über emotionale Themen sprechen. Die Psychologin sieht aber auch Nachteile, wenn Menschen überwiegend lose Beziehungen pflegen. Sie nennt als Beispiel den Krankheitsfall. Engere Beziehungen zu anderen könnten dann helfen, schneller wieder gesund zu werden.

"Wenn mal eine echte Krise auftritt, wenn jemand zum Beispiel schwer erkrankt, dann spielt es schon eine Rolle, ob ein anderer Mensch da ist, dem man sich emotional öffnen kann."
Ulrike Scheuermann, Psychologin, hat ein Buch über die Wichtigkeit sozialer Kontakte für ein gesundes, langes und glückliches Leben geschrieben

Neben losen oder engeren Kontakten hat die Mitgliedschaft im Verein für Hannah einen weiteren Vorteil: Sie fühlt sich dort selbstbewusster als in anderen Lebensbereichen. Es gibt aber auch Dinge am Vereinsleben, die sie nerven.

Dazu gehört, dass Spiele schon mal sonntags sehr früh anfangen und sie gefühlt zu wenig von ihrem Wochenende hat. Hinzu kommt, dass auch ihr Verein ein klassisches Vereinsproblem hat: Kaum jemand will Ehrenämter übernehmen. Hannah hat sich aber dazu bereiterklärt und ist seit einiger Zeit Schatzmeisterin – auch, weil kein*e andere*r es machen wollte.

"Ich weiß, was ich dienstags abends mache"

Unterm Strich lohnt es sich aber für Hannah, Teil des Vereins zu sein. Zum einen, weil sie sportlich besser wird. Zum anderen muss sie sich nicht extra mit Leuten verabreden, um eine gute Zeit zu haben. Wenn es Dienstagabend zum Training geht, weiß sie, dass sie Spaß haben wird.

Wie komme ich als Neuling im Verein klar?

Wer sich entschließt, in einen Verein einzutreten, muss sich aber erst mal als Neuling zurecht finden. Bei einigen Menschen keimt die Angst auf: Werde ich da gut angenommen? Ein normales Gefühl, sagt die Psychotherapeutin Rosalie Weigand. "Besonders schwer ist es für Menschen, die die innere Überzeugung haben: Ich bin irgendwie anders und ich muss mich erst mal beweisen."

Für die Psychotherapeutin ist es aber nicht nur die Verantwortung der Neuen, sich in eine Gruppe zu integrieren. Die Gruppe müsse auch ihren Beitrag leisten.

"Zumindest 50 Prozent ist es auch Verantwortung der Gruppe, eine neue Person aufzunehmen und der auch ein gutes Gefühl zu geben."
Rosalie Weigand, psychologische Psychotherapeutin, ist selbst seit fünf Jahren in einem Tanzverein

Für die Psychotherapeutin ist es wichtig, generell Neugier zu zeigen, wenn man sich für eine Mitgliedschaft in einem Verein entscheidet. Damit man auch die Abläufe und das ganze Drumherum kennenlernt, zum Beispiel.

Am Anfang sollten wir also ganz viele Fragen stellen, rät sie: "Das führt dann auch dazu, dass man mit den Leuten ins Gespräch kommt und die Leute sich auf einen einstellen können – und umgekehrt." Anfangs sei es außerdem wichtig, regelmäßig hinzugehen, um eine Routine zu entwickeln.

Um gut in einer neuen Gruppe anzukommen, braucht es etwa drei Monate, so die Psychotherapeutin – im Schnitt, wohlgemerkt. Denn jede Person hat ihr ganz individuelles Tempo, wie schnell sie integriert ist.

Hinweis: Auf dem Bild oben ist nicht Hannah zu sehen.

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Empfehlungen aus dem Beitrag:
  • Scheuermann, U. (2021). Freunde machen gesund: Die Nummer 1 für ein langes Leben: deine Sozialkontakte. Knaur Balance.
  • Gille et. al (Hrsg.) (2024). Zivilgesellschaftliches Engagement und Freiwilligendienste. Nomos. doi.org/10.5771/9783748936497. 
Shownotes
Social life
Warum tut uns Teamsport gut?
vom 19. Mai 2025
Gesprächspartnerin: 
Hannah, spielt Fußball in einem Verein und ist dort mittlerweile auch Schatzmeisterin
Gesprächspartnerin: 
Rosalie Weigand, psychologische Psychotherapeutin, ist selbst seit fünf Jahren in einem Tanzverein
Gesprächspartnerin: 
Ulrike Scheuermann, Psychologin, hat ein Buch über die Wichtigkeit sozialer Kontakte für ein gesundes, langes und glückliches Leben geschrieben
Autor und Host: 
Przemek Żuk
Redaktion: 
Friederike Seeger, Lara Lorenz, Stefan Krombach
Produktion: 
Susanne Beyer
Quellen: