Rechte Gruppen wissen das Netz geschickt für sich zu nutzen - das zeigt eine groß angelegte Social-Media-Analyse. Unter den Parteien ist die AfD diejenige mit der größten Reichweite - dabei hat sie nicht die meisten User hinter sich.
Wie die Tagesschau berichtet, werden in den Sozialen Medien sehr häufig Themen besprochen, die einen AfD-Bezug haben: Gut 47 Prozent der politischen Diskussionen im Netz hätten eine thematische Verbindung zu der Partei. Dabei mache die Gruppe der rechten Unterstützer insgesamt nur rund 10 Prozent der Nutzer aus.
Für die Analyse, die das Big-Data-Unternehmen Alto in Zusammenarbeit mit NDR und WDR durchgeführt hat und über die die Tagesschau berichtet, wurden rund 9,65 Millionen deutschsprachige Beiträge von rund 756.000 Nutzern ausgewertet. Etwa 80 Prozent stammen von Twitter, die weiteren von Facebook, Youtube und Instagram.
"Die AfD ist im Vergleich zu den anderen Parteien sehr viel präsenter in den Sozialen Medien"
Die AfD sei im Netz bemerkenswert dominant, sagt Philipp Eckstein vom NDR. In Beiträgen, in denen es explizit um die deutschen Parteien geht, wurde laut der Analyse die AfD in rund einem Drittel der Fälle genannt. Dazu zählen auch kritische Auseinandersetzungen mit der Partei.
Kritiker verhelfen zu mehr Reichweite
Philipp Eckstein nennt ein Beispiel, wie solche AfD-Beiträge in Social Media die Runde machen: Im Dezember etwa kritisierte der AfD-Politiker Jörg Meuthen auf seiner Facebookseite, dass Toblerone sich nun als "halal"-Produkt labelte. Die Nachricht hat sich auf Facebook und auch auf Twitter schnell verbreitet. Auch klassische Medien haben die Diskussion um die Schokolade aufgegriffen und so dem Beitrag Meuthens zu Reichweite verholfen.
"In diesen kurzen Postings funktionieren Zuspitzungen oder Provokationen besonders gut."
Zustimmung, Wut, Empörung, Ablehnung - je mehr ein Thema polarisiere, desto mehr Reaktionen bekomme es, sagt Philipp Eckstein - und demzufolge steige auch die Reichweite in den sozialen Medien. Kurze und provokative Postings funktionieren besonders gut, meint er. Auch die Kritiker helfen, solche Inhalte zu befeuern, wenn sie in die Diskussion einsteigen, denn der Algorithmus reagiert auf Interaktion.
"Die Algorithmen in diesen Sozialen Netzwerken funktionieren nach wie vor danach, dass, wenn besonders viel über einen Beitrag gesprochen wird, viel diskutiert und geteilt wird, dann wird es noch mehr Nutzern angezeigt."
Manipulierte Accounts?
In der Analyse der Beiträge fielen einzelne Accounts auf, die besonders viel posteten und häufig dubiose Plattformen verlinkten. "Da gibt es teilweise doch den Eindruck, dass auch computergestützt gearbeitet wird", sagt Philipp Eckstein und meint damit, dass möglicherweise Bots oder Fake-User die Arbeit rechter Meinungsmacher unterstützen.
Nachholbedarf bei den anderen Parteien
Dass sie noch Nachholbedarf in Sachen Social Media haben, dürfte den anderen Parteien inzwischen deutlich geworden sein, meint Philipp Eckstein, der unter anderem mit Lars Klingbeil von der SPD gesprochen hat: Der räumte durchaus Fehler in der Strategie ein.
Besonders wichtig für die anderen Parteien sei, dass sie permanent sichtbarer werden in Social Media und nicht erst, wenn wieder Wahlen anstehen. Von daher komme diese Einsicht für sie nun kurz vor der Europawahl ein bisschen spät.
"Bei den anderen Parteien hat man jetzt verstanden, dass Social Media doch noch mal nach anderen Gesetzen funktioniert, dass man eine andere Sichtbarkeit braucht, Feedback geben muss, in Diskussionen einsteigen muss."
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