1961 schickt der polnische Schriftsteller Stanislaw Lem den Psychologen Kris Kelvin auf den Planeten "Solaris". Er soll dort die letzten drei verbliebenen Wissenschaftler bei ihrer Arbeit unterstützen. Doch was er vorfindet, ist ein Albtraum, von dem er nicht sagen kann, wann er beginnt und ob er jemals enden wird.

Die Geschichte von Stanislaw Lem spielt weit entfernt von der Erde: Solaris ist ein Planet mit zwei Sonnen, eine blau und eine rot, und fast vollständig von einem Ozean bedeckt. Dieser Ozean ist kein normales Wasser. Was er oder es ist, weiß niemand genau – aber er oder es hat Macht.

Wir begleiten den Ich-Erzähler Kris ab seiner Ankunft auf der Raumstation auf Solaris.

Die Station. Kris erkennt sie, aber gleichzeitig auch nicht. Er hat etwas anderes erwartet. Menschen. Maschinen. Irgendwas, das bezeugt, dass hier jemand arbeitet – und lebt. Niemand kommt. Ein Neon-Pfeil flammt auf und weist Kris den Weg durch das stählerne Gewölbe. Er gelangt in einen Korridor. Noch immer scheint niemand auf der Station Notiz von seiner Ankunft genommen zu haben. Und was er sieht ist Unordnung. Überall stehen Kisten wahllos gestapelt in Nischen. Gasflaschen. Tanks. Ringfallschirme. Blechkannen. Zerrissene Papiere. Müll. Fußspuren… Wo waren die drei Wissenschaftler, die hier sein sollten? Was war hier passiert?

Kris findet die drei Kosmonauten noch. Eigentlich waren es mal vier, aber einer tötete sich – wahrscheinlich – selbst.

Zu Besuch: Abgründe

Der Kybernetiker Snaut ist misstrauisch. Vielleicht auch betrunken. Er redet in Rätseln. Gibarian sei fort. Es hätte einen Unfall gegeben. Und Sartorius hätte "Besuch" und sich im Laboratorium eingeschlossen. Bald, bald schon wolle er Kris mehr darüber erzählen. Bis dahin solle er gewarnt und auf alles gefasst sein, auf den "Besuch" seines "Gasts" - es sei bei jedem anders.

"Der Ozean auf Solaris ist kein Ozean wie auf der Erde. Kein Wasser. Ein Wesen."
Lydia Herms über "Solaris" von Stanislaw Lem

Die Menschen auf Solaris kriegen "Besuch": von fleischgewordenen Erinnerungen, Abgründen und Verbrechen. Auch Kris geht das bald so: Er bekommt Besuch von einer Frau. Und als versucht, sie loszuwerden, verändert sie sich – und entwickelt eine enorme Zerstörungskraft.

Kris findet in einem Brief Hinweise auf zwei Bücher über den Planeten Solaris - oder vielmehr über das, wovon Solaris bedeckt ist: von einem riesigen, dunklen, in irgendeiner bislang noch nicht entschlüsselten Form kommunizierenden Ozean. Kein Ozean wie auf der Erde. Kein Wasser. Ein Wesen.

Dystopischer Weltbestseller

Stanislaw Lem wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Sein dystopischer Roman "Solaris" ist zum Weltbestseller geworden. Er steckt voller Ideen, die sich mit der Existenz der Menschheit beschäftigen, mit ihrer Macht, mit ihrem Hunger nach Herrschaft, aber auch mit ihren Gefühlen und Ängsten.

Das Buch: "Solaris" von Stanisław Lem, aus dem Polnischen ins Deutsche übersetzt von Irmtraud Zimmermann-Göllheim, 2021 in einer Neuauflage erschienen bei Ullstein, mit einem Nachwort von Harald Lesch und Harald Zaun, 331 Seiten (inkl. Nachwort), Taschenbuch: 12 Euro, auch als Hörbuch, gelesen von Detlef Bierstedt; ET: 1961, auf Deutsch erstmals 1972

Verfilmungen: Die beeindruckende Geschichte wurde mehrfach verfilmt, fürs Kino von Andrei Tarkowski (1972) und Steven Soderbergh (2002). Lydia Herms empfiehlt trotzdem die Lektüre.

Der Autor: Stanislaw Lem wurde 1921 in Lwow, Polen, geboren. Neben zahlreichen belletristischen Werken verfasste er theoretische Schriften über Science Fiction und über Gebiete der angewandten Philosophie und der Kybernetik. Sein Schaffen umfasst inzwischen 28 Werke, deren Gesamtauflage fast 8 Millionen Exemplare erreichte. Übersetzungen erschienen in 27 Sprachen, unter anderem in Japan, England, Russland, Amerika, Schweden, Italien, Holland und Frankreich. Sein Hauptinteresse galt der Science Fiction als literarische Gattung. Er starb 2006 in Krakau.

Shownotes
Das perfekte Buch für den Moment…
…wenn du die Menschheit einfach nur ins All schießen willst
vom 12. Dezember 2021
Autorin: 
Lydia Herms