Die App Bereal ist in den USA und Großbritannien an die Spitze der Download-Charts geklettert, die Userzahlen steigen. Wir fragen uns deshalb: Wird Bereal das neue Instagram? Unsere Reporterin ist eher skeptisch.

Bereal wurde als Gegensatz zu Tiktok und Instagram entwickelt, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Kristin Mockenhaupt: "Da sehen wir ja inzwischen überwiegend inszenierte Postings. Bei Bereal gibt es das in diesem Sinne nicht, denn du kannst keine Bilder 'vorproduzieren'".

"Du kannst nur nach Aufforderung posten, was du gerade fotografierst."
Kristin Mockenhaupt, Deutschlandfunk Nova

Motive in Ruhe auswählen, Bilder anschließend bearbeiten und dann hochladen – das geht mit Bereal nicht. Und vor alle können Nutzer*innen nicht beliebig zu jeder Zeit Bilder posten.

Die Idee der App

Einmal am Tag – zu einer zufälligen Uhrzeit – bekommen alle User*innen eine Push-Nachricht aufs Handy. Sobald sie die öffnen, haben sie zwei Minuten Zeit, ein Foto zu machen und zu posten.

Das ist die Idee bei Bereal: Menschen sollen sich im echten Leben zeigen – ungeschminkt, verschwitzt, mit schlecht sitzender Frisur und bei Tätigkeiten, die den Alltag ausmachen. Ähnlich wie bei Insta-Storys oder Snapchat sind die Bilder dann bis zu 24 Stunden – meist kürzer – online, danach verschwinden sie. Und nur wer selbst etwas postet, kann auch die Fotos seiner Freund*innen von dem Tag sehen.

"Einfach nur konsumieren, aber selbst nichts produzieren – das funktioniert bei der App nicht."
Kristin Mockenhaupt, Deutschlandfunk Nova

Insgesamt haben sich bisher 22 Millionen Menschen weltweit die App runtergeladen. Die meisten davon in den USA, Großbritannien und Frankreich, wo die App entwickelt wurde. In Deutschland gab es bis Juni gerade mal 156.000 Downloads. Zum Vergleich: Instagram hat in Deutschland über 30 Millionen und Tiktok etwa 20 Millionen User*innen. Die App gibt es seit 2020, aber der größte Teil der User*innen kam bei Bereal 2022 dazu.

Eine Vermutung für den Aufschwung von Bereal in diesem Jahr ist, dass Instagram inzwischen mehr auf Postings von Influencer*innen setzt. In den Feeds rücken dadurch Postings von Freund*innen in den Hintergrund. Eventuell haben einige Menschen nicht mehr so viel Lust auf Instagram und suchen jetzt nach Alternativen.

Probleme und Fallstricke bei Bereal

Kristin Mockenhaupt sieht in Bereal allerdings nicht wirklich eine Konkurrenz zu Instagram: "Mich catcht das zum Beispiel gar nicht – ich hab keinen Bock lauter Bilder von Essen, Kaffeetassen, Autofahrten oder aus Vorlesungen zu sehen. Das frag ich mich schon bei Insta immer: 'Ok cool, thanks for sharing – was bringt mir das jetzt zu sehen, dass du gerade aufm Balkon sitzt und Wein trinkst?'"

Bei Instagram ist der größte Teil der User passiv, heißt: Sie scrollen einfach nur durch ihren Feed und konsumieren. Und dieses Klientel wird wahrscheinlich wenig Interesse an dem Konzept von Bereal haben, vermutet unsere Reporterin. Auch für Marken und Influencer*innen ist die App eher uninteressant, weil sie keine Inhalte vorproduzieren und planen können.

"Für Werbetreibende ist das eher uninteressant, wenn User*innen ihre App maximal einmal am Tag öffnen."
Kristin Mockenhaupt, Deutschlandfunk Nova

Bisher sei auch nicht wirklich klar, womit die App auf längere Sicht Geld verdienen will. Bisher ist die App kostenlos, an den User*innen selbst verdient Bereal also nichts. Und für Werbung sei die App uninteressant, weil die User*innen sie im Prinzip nur einmal am Tag öffnen. Deswegen geht Kristin Mockenhaupt davon aus, dass Bereal so schnell verschwinden wird, wie es bei Apps wie Clubhouse oder Vero der Fall war.

Korrekturhinweis:

In einer vorherigen Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass User*innen nachdem sie die Push-Nachricht aufs Handy bekommen, zwei Minuten Zeit haben, ein Foto zu machen und zu posten. Das stimmt nicht. Die zwei Minuten beginnen erst dann zu laufen, wenn die Nutzenden die Push-Benachrichtigung tatsächlich öffnen. Wir haben das im Text geändert.

  • Moderatorin: Sonja Meschkat
  • Moderatorin: Anke van de Weyer
  • Gesprächspartnerin: Kristin Mockenhaupt, Deutschlandfunk Nova