Vor gut zwei Jahren wurden die ersten Corona-Fälle in Deutschland bekannt. Wir wissen es alle nur zu gut: Es folgte eine Zeit der sozialen Einschnitte. Aber die Pandemie hat auch ihre guten Seiten, hat die Soziologin Barbara Rothmüller herausgefunden. Und davon können wir in der Zeit nach Corona profitieren.

Keine Konzerte mehr, keine Clubnächte mehr, Treffen nur noch im kleinen Kreis... all das kennen wir zur Genüge mittlerweile - und die meisten von uns haben die Nase voll. Offensichtlich können wir der Pandemie aber auch Gutes abgewinnen. Das jedenfalls zeigen die Forschungen von Barbara Rothmüller.

"Zwei Drittel meiner Befragten haben zumindest die eine oder andere positive Sache der Pandemie abringen können."
Barbara Rothmüller, Soziologin

Die Wiener Soziologin und Sexualpädagogin hat 11.000 Menschen in Deutschland und Österreich nach den Auswirkungen der Pandemie, insbesondere der Lockdown-Zeiten, gefragt. Und siehe da: Ein Großteil kann der Corona-Zeit auch etwas Gutes abgewinnen.

Mehr Zeit für wichtige Menschen

Ein ganz zentraler Effekt: Viele von uns haben sich zwangsweise auf die Menschen in ihrem Leben konzentriert, die ihnen besonders wichtig sind. Das hat vielen Beziehungen - sei es unter Freund*innen, Familie oder in der Partnerschaft - gut getan.

"Was die meisten Befragten als positiv in dieser Pandemie erlebt haben, ist, dass sie gelernt haben, die wichtigen Menschen in ihrem Leben stärker zu schätzen."
Barbara Rothmüller, Soziologin

Neben der Intensivierung wichtiger Beziehungen haben die Befragten noch viele weitere positive Pandemie-Effekte beschrieben, die Barbara Rothmüller im Interview näher erläutert – zum Beispiel, dass Corona auch Impulse für neue Lebensentwürfe gegeben hat oder ein guter Grund war, um Sozial- oder Alltagsstress zu reduzieren.

"Eines der häufigsten positiven Effekte der Pandemie war, dass Menschen mehr Zeit hatten nachzudenken."
Barbara Rothmüller, Soziologin

Die Soziologin will damit nicht die Kehrseite der Medaille kleinreden. Natürlich gibt es für viele Menschen auch negative Effekte, betont sie. Nicht jeder hatte im Lockdown mehr Zeit, nicht jede fühlt sich durch weniger soziale Angebote entlastet, nicht jede Partnerschaft hat an Qualität gewonnen. Im Gegenteil: Die Zunahme an häuslicher Gewalt gehört auch zu den Effekten, räumt sie ein.

"Man darf nicht vergessen, dass viele Menschen auch durchaus unter einem hohen sozialen Druck stehen."
Barbara Rothmüller, Soziologin

Aber es war und ist eben nicht alles schlechter durch Corona. Das Gute könnten wir mitnehmen in die Zeit nach Corona – wie etwa:

  • uns mehr Zeit nehmen für uns und die Menschen, die uns wichtig sind,
  • uns überlegen, wie wir unser Leben wirklich gestalten möchte oder
  • uns weniger sozialer Zwängen beugen, die uns eigentlich nicht gut tun.
"Das Wichtigste, das man von der Pandemie mitnehmen kann, ist, dass es bestimmte soziale Bedingungen braucht, damit man ein gutes Leben leben kann."
Barbara Rothmüller, Soziologin

Um das ganze Gespräch zu hören, klickt oben auf Play.

Shownotes
Zwei Jahre Pandemie
Sozialleben unter Corona: Nicht alles ist schlechter
vom 29. Januar 2022
Moderation: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Barbara Rothmüller, Soziologin an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien