Spielsucht ist ein wachsendes Problem. Zugleich lässt sich zum Beispiel mit Sportwetten viel Geld verdienen: Davon profitieren auch die Fußballvereine. Das Argument lautet: Die anderen Vereine machen ja auch mit.

Die Anzahl der Spielsüchtigen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. 1,4 Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen, rund eine Million mehr als noch vor zehn Jahren.

Der Bundes-Suchtbeauftragte Burkhard Blienert warnte kürzlich vor dem enormen Suchtpotenzial bei Sportwetten.

Glücksspiel: Alle wollen mitverdienen

Zugleich wird für Sportwetten reichlich Werbung gemacht – gerade im Umfeld von Sportevents. Zum Beispiel bei Fußballübertragungen wird regelmäßig Werbung für Sportwetten eingeblendet. Auf Trikots der Teams oder auf Bannern im Stadion wirbt die Branche. Das bringt den Vereinen viel Geld ein, so der Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.

In der Ersten Bundesliga haben fast alle Vereine Sponsoren aus der Glücksspielbranche. Die Sportschau hat eine Liste zusammengestellt: Darauf sind Bayern München, der FC Augsburg oder auch Mainz 05. "Wenn man da weiter recherchiert, dann sieht man, eigentlich waren alle Vereine irgendwann, irgendwie schon einmal dabei", sagt der Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven. Das gelte auch für viele Vereine in der Zweiten oder auch Dritten Fußball-Liga.

"Bei vielen Vereinen waren Sportwetten lange verpönt. Aber das hat sich in der Zwischenzeit komplett gedreht."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Dabei lehnten viele Vereine längere Zeit das Geschäft mit Sportwetten-Anbietern ab, so Nicolas Lieven. "Gerade wegen des Themas Spielsucht." Doch diese Haltung habe sich total geändert, wohl auch, weil sich mit dem Sponsoring aus der Glücksspielbranche so gut Kasse machen lässt.

Die Fans wiederum scheinen anderer Meinung zu sein: Bei Befragungen zeige sich, dass die Mehrheit die Werbung für Sportwetten auf Bannern im Stadion oder auf Trikots ablehnt. Doch das ändert nichts am Verhalten der Vereine.

Die Vereine sagen, dass sie bei dem Werbegeschäft quasi mitmachen müssen, so Nicolas Lieven. Damit sie nicht ins Hintertreffen geraten, weil sie keine Werbegelder abschöpfen. Zugleich versuchen sie ihr Gewissen zu beruhigen, indem sie bei der Vereinsarbeit auch Suchtfragen aufgreifen.

Das Sponsoring bringt Millionenbeträge

Wie viel Geld das Sponsoring genau bringt, ist unklar. "Wir sprechen bei einzelnen Vereinen von 6,5 Millionen Euro; bei anderen auch 8,5 Millionen", sagt der Wirtschaftsjournalist. Das meiste Geld gibt es für Werbung auf der Trikot-Brust, auch Bannerwerbung wird gut bezahlt.

Für die Glücksspielbranche scheinen sich die Ausgaben zu lohnen. Gerade im Fußballumfeld erreichen sie die Personen, die besonders offen sind für Glücksspiel. Die sind meist jünger und männlich, so Nicolas Lieven. "Deshalb ist die Zielgruppe einfach ideal."

Auch Bund und Länder verdienen beim Wettgeschäft

Aber nicht allein die Fußballvereine verdienen an der Glücksspielbranche. Auch Bund und Länder profitieren durch die Wettsteuer. Wettanbieter müssen 5,3 Prozent auf ihre Umsätze in Deutschland zahlen. Unabhängig davon, ob die Wette online oder in einem Wettbüro gemacht wurde.

In Spanien zum Beispiel ist grundsätzlich Werbung für Sportwetten auf Trikots, in Stadien und teils im Fernsehen verboten. Striktere Regelungen werden immer mal wieder auch für Deutschland gefordert, damit die Zahl der Spielsüchtigen zurückgeht. Doch bislang wollen Bund und Länder diesen Schritt nicht gehen.

Shownotes
Spielsucht
Glücksspielbranche: Sponsoring der Fußball-Vereine
vom 21. August 2023
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist