Sie war Mitte Zwanzig, als sie sich voller Überzeugung zum Militärdienst meldete. Wenige Wochen vor Kriegsende wurde Marthe Cohn als Spionin nach Nazi-Deutschland geschickt. Sie hatte den Auftrag Informationen über Truppenbewegungen und die Kriegsmoral in der Bevölkerung zu sammeln. Doch kurz nach dem sie die Deutsch-Schweizerische Grenze überschritten hatte, überkam sie die pure Angst. Würde es ihr gelingen, als Deutsche wahrgenommen zu werden?
"Dann drehte die Frau sich zu mir um, schaute mir direkt in die Augen und fragte: 'Fräulein, sind sie ein Spion?'"
DRadio-Wissen-Reporterin Kerstin Zilm hat die 96-jährige Marthe Cohn in Los Angeles getroffen, als sie 2014 das Bundesverdienstkreuz vom Generalkonsul empfangen hat. Kerstin war sofort beeindruckt von der kleinen und zierlichen Frau, die vor Lebenslust und Energie sprüht. Ein paar Jahre zuvor ist sie mit der französischen Ehrenlegion und Militärmedaille ausgezeichnet worden. Weil erst vor wenigen Jahren Militärakten geöffnet wurden, ist auch die Geschichte Marthe Cohns spät an die Öffentlichkeit gelangt. Denn Marthe Cohn selbst verschwieg ihre Spionagetätigkeit über all die Jahre. Auf die Frage Kerstins, warum sie niemanden von ihren Taten berichtet hat, antwortete sie knapp: Weil der Geheimdienst sie zur Verschwiegenheit verpflichtet hätte und weil niemand über den Krieg reden wollte.
Mehr über Marthe Cohn:
- Marthe Cohn: "Niemand traute mir zu, Spionin zu sein" | Feature von Kerstin Zilm bei Deutschlandradio Kultur
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