Keine Angst vor "äh", "quasi" oder "genau" – sie setzen im direkten Gespräch zwischen uns bestimmte Zeichen, die für Rednerin und Hörer wichtig sind.

Vor allem bei sprachlicher Interaktion, also in Gesprächen, sind Füllwörter nützlich, sagt Daniel Gutzmann, Sprachforscher an der Uni Bochum. Füllwörter dienen in Gesprächssituationen der Aufmerksamkeitssteuerung und helfen die Aussagen in den größeren Gesprächszusammenhang einzuordnen, aber auch für Hörer*innen wird das Gesagte besser einordenbar.

"Wenn man sich mit Freundinnen und Freunden unterhält, gehen wir ja nicht hin und überlegen uns jetzt ganz genau, wie plane ich meine Äußerung?"
Daniel Gutzmann, Sprachforscher an der Uni Bochum

Füllwörter werden spontan in der Situation eingesetzt, so wie wir auch im lockeren Gespräch mit Freunden oder der Familie nicht lange planen, welche Wörter wir wie einsetzen, erklärt Daniel Gutzmann. Beispielsweise gibt es Heckenausdrücke wie "quasi", die wir einsetzen, wenn wir uns nicht ganz sicher sind, ob wir das richtige Wort oder die richtige Formulierung verwenden. Mit Heckenausdrücken werben wir um Nachsicht bei der Hörerschaft, wenn uns im spontanen Gespräch nicht die genaue Formulierung einfällt, sagt der Sprachforscher.

"Man kann diese Heckenausdrücke wählen, um sich dahinter zu verstecken und vielleicht vor einer ungenauen Formulierung in Deckung zu gehen."
Daniel Gutzmann, Sprachforscher an der Uni Bochum

Aus der Benutzung von Füllwörtern oder dem flüssigeren Reden lassen sich keine wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich Intelligenz oder Bildungsgrad ziehen, sagt Daniel Gutzmann. Allerdings konnte bei Studien festgestellt werden, dass Füllwörter die Aufmerksamkeit bei den Zuhörer*innen steigert. Formulieren wir langsamer oder mit Füllwörtern, signalisiert das den Hörern und Hörerinnen, dass ein komplizierter Gedanke oder Sachverhalt folgt, bei dem es wichtig ist, genau zuzuhören.

"Füllwörter helfen, Gedankenpausen zu überbrücken und die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu halten."
Daniel Gutzmann, Sprachforscher an der Uni Bochum

Häsitationsmarker wie "äh" sind Füllwörter, die markieren, dass der Redner oder die Rednerin noch nicht zu Ende gesprochen haben, sondern nur eine kurze Denkpause einlegen. Würden wir in dieser Zeit einfach eine halbe Sekunde lang nichts sagen, würden die Zuhörer*innen denken, die Äußerung ist zu Ende und selbst anfangen zu sprechen.

Füllwort "genau" macht den Generationenunterschied

"Genau" ist ein Füllwort, das insbesondere bei der Präsentation von Folien häufiger genutzt wird. Während der Vortragssituation geht es aber nicht um Zustimmung, die dieses Wort auch ausdrückt, sondern um die Interaktion, das gemeinsame Verabreden, dass die Präsentation lange genug angeschaut wurde und der Redner oder die Rednerin mit dem Vortrag fortfährt, erklärt Daniel Gutzmann.

"Auf jeden Fall scheint "genau" ein Füllwort zu sein, bei dem das Alter eine Rolle spielt. Ältere Sprecher finden dieses "genau" eher irritierend, während jüngere Sprecher*innen oder Studierende überhaupt kein Problem damit haben."
Daniel Gutzmann, Sprachforscher an der Uni Bochum

Das Füllwort "genau" ist noch nicht so lange als solches in Gebrauch. Auffällig daran ist, dass es von jüngeren Menschen wie selbstverständlich benutzt wird, während ältere Menschen den Gebrauch von "genau" als Füllwort eher seltsam finden.

Shownotes
"Äh", "quasi", "genau"
Sprachforscher: Füllwörter sind nützlich
vom 04. Mai 2024
Moderator: 
Marcel Bohn
Gesprächspartner: 
Daniel Gutzmann, Sprachforscher an der Uni Bochum