Seit drei Wochen läuft die Bundesliga wieder - und schon starten die Überlegungen für die kommende Saison. Einige Fußballfunktionäre wollen Stadien teilweise öffnen. Für den Großteil der Fans kommt das noch lange nicht infrage.
Am 15. Mai war es soweit – die Fußball-Bundesliga wurde nach vielen Diskussionen fortgeführt. Jetzt, drei Wochen nach dem Start, konzentrieren sich die Debatten auf eine neue Frage: "Dürfen in der kommenden Saison wieder Fußballfans in die Stadien?"
Mehrere Fußballfunktionäre wie Rudi Völler oder Oliver Kahn und auch der SPD-Politiker Sebastian Hartmann denken bereits laut über eine Öffnung nach. Der Pressesprecher der vereinsübergreifenden Fan-Initiative Pro Fans, Sig Zelt, sieht das anders: Es gebe gerade Wichtigeres, als an die Öffnung von Fußballstadien zu denken.
Öffnung für bis zu 12.000 Fans
Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG, kann sich ebenfalls eine Teilöffnung für Fans wieder vorstellen. Im FC Bayern Podcast erklärte er, dass eine digitale Stadion-Analyse der Allianz Arena in München auf eine Maximalkapazität von 11 bis 12.000 Stadionbesucherinnen und - besuchern gekommen sei. Dies wäre der Fall, wenn neben, vor und hinter einem Besucher die Plätze freigelassen werden würden.
"Wir haben mal vor Kurzem virtuell gesponnen bei uns und kamen auf eine Maximalkapazität von rund 11- bis 12.000. Das würde bedeuten, ich sitze links und rechts, vor und hinter mir sitzt keiner."
Testphasen in der Sommerpause
Der Vorsitzende der SPD von Nordrhein-Westfahlen, Sebastian Hartmann, sprach sich im Interview mit Deutschlandfunk-Nova-Reporter Dominik Peters dafür aus, während der Sommerpause in Modellprojekten erste Versuche zu starten. Dabei würden mit ausgewählten Vereinen und Fußballfans die Abläufe eingeübt und getestet.
Damit könne man zum Beispiel die Fragen klären: Wie organisiert man die Anreise mit der Bahn? Welche Parkplatzkonzepte braucht es? Oder: Welche Regeln könnten Staus an den Ein- und Ausgängen vermeiden? Sei das geklärt, könnten Fans Sportstätten wieder besuchen.
"Ich finde, dass, wenn wir vorangehen und das über die Sommerpause auch proben, dass auch wieder Fans an den Sportstätten möglich sein müssen."
Dennoch steht auch für Sebastian Hartmann der Gesundheitsschutz immer noch ganz weit oben. Er könne sich allerdings nicht vorstellen, dass Sport nur noch digital stattfinde und im schlimmsten Fall sogar nur noch über Pay-TV laufe. Denn dann könne nur noch ein ganz kleiner Kreis am Fußballleben teilhaben.
Verfrühte Diskussion
Sicherlich gibt es Fans, die gerne so schnell wie möglich zurück in die Stadien wollen, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Dominik Peters. Sig Zelt, Pressesprecher der Initative Pro Fans, gehört nicht dazu. Auf ihn wirke die Debatte so, als ob Fußballfans als "hirnlose Idioten" ohne Verantwortungsbewusstsein betrachtet würden, die es nicht aushielten, eine Zeit lang auf einen Stadionbesuch zu verzichten.
"Ich finde es ziemlich absurd, dass wir Fußballfans so betrachtet werden wie hirnlose Idioten, die kein Verantwortungsbewusstsein haben und die kein Einsehen darin haben, dass sie mal eine Zeit lang nicht ins Stadion können."
Für ihn komme die Debatte viel zu früh und es gebe derzeit deutlich wichtigere Dinge, als in ein Fußballstadion zu gehen.
Lieber kein Support, als schlechter Support
Selbst, wenn ein System wie das von Karl-Heinz Rummenigge vorgeschlagene die Hygienebestimmungen einhalten könnte, für Sig Zelt gilt: Lieber gar kein Support als schlechter Support, zitiert ihn Dominik Peters. Denn die Abstands- und Hygieneregeln würden allem widersprechen, was eine Fankultur ausmacht: Dicht gedrängt im Fanblock stehen, zusammen singen und sich beim Tor gegenseitig in die Arme fallen.
Vereinzelt in einer Sitzschale zu hocken, darauf habe die Masse der aktiven Fans keine Lust, sagt Sig Zelt.
Keine gerechte Zutrittsverteilung gewährleistet
Außerdem würde noch ein weiteres Problem greifen, wenn die Stadien nur zu einem geringen Teil gefüllt würden: Wer entscheidet, wer ins Stadion darf und wer nicht? Bei den FC Bayern-Fans besitzen alleine 38.000 Menschen eine Dauerkarte, für die Spiele von Borussia Dortmund sind es sogar 55.000, sagt Dominik Peters. Auch das würde zu hitzigen Debatten führen und die Frage nach Fan-Solidarität aufwerfen, sagt der Fan-Sprecher Sig Zelt.
"Ich glaube, es gibt auch einen ganz großen Faktor der Solidarität. Ich gehe ins Stadion und drei, vier, fünf müssen darauf verzichten. Was maße ich mir da an?"
Dominik Peters Fazit: Unter den jetzigen Umständen würde eine Stadionöffnung also kaum gut ankommen – weder bei der Fanbasis, noch bei dem Teil der Gesellschaft, der sich nicht für Fußball interessiert.