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In südeuropäischen Ländern gehören sie zum Straßenbild: Herumstreuende Hunde. In Deutschland kennen wir das so nicht. Noch nicht, sagen einige Tierschützer*innen. Sie warnen: Das könnte sich ändern, wenn der Tierschutz nicht mehr Geld und Personal bekommt.

Ob Krankheit, Zeitmangel oder Überforderung: Wer in Deutschland sein Tier nicht mehr halten kann, hat die Möglichkeit, es im Tierheim oder bei einer Tierschutzorganisation abzugeben. Für die Tiere ist das sicher nicht ideal, aber um ein vielfaches besser als ausgesetzt oder irgendwo angebunden zu werden.

Doch die Tierheime in Deutschland melden seit Jahren: Wir platzen aus allen Nähten. Einige Expert*innen aus dem Tierschutz bezeichnen das System – zugespitzt gesagt – als am Rande des Abgrunds. Sie warnen, es könnte wahrscheinlicher werden, dass Menschen in näherer Zukunft ihre Hunde aussetzen, wenn sie überfordert mit ihnen sind.

Tierschutz in Not

Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund sieht die Lage als nicht ganz so dramatisch. Ihrer Einschätzung nach ist das Versorgungsnetzwerk von Tierheimen und Tierschützern in Deutschland groß und stark genug. Dass Tiere nicht sich selbst überlassen werden, liege aber auch daran, dass Tierschützer*innen und Tierheimmitarbeiter*innen über ihre Grenzen gehen und immer und immer wieder Tiere aufnehmen.

"Wenn das Sicherheitsnetz aus Tierheimen nicht mehr funktioniert, und das tut es nicht, was glauben die Menschen, was dann passiert? Was glauben die denn, wo die Hunde hinkommen?"
Elena Iva Cujic, Tierschützerin

Elena Iva Cujic arbeitet mit verhaltensauffälligen Hunden und ist stark in der Szene vernetzt. Sie hält das Szenario von Straßenhunden in Deutschland für sehr realistisch. Ihrer Ansicht nach stellt sich nicht die Frage, ob wir in Deutschland Straßenhunde haben werden, sondern wann.

Die Einschätzung über die Konsequenzen sind unterschiedlich, einig sind sich Hester Pommerening und Elena Iva Cujic aber über das Problem: Die Lage beim Tierschutz, explizit bei Hunden, ist extrem angespannt. Laut Tierschutzbund fehlt es am Elementaren: Platz, Geld und Mitarbeiter*innen.

Problematisches Thema: Hunde aus dem Ausland

Dass Tierheime dermaßen überfüllt sind, liegt auch daran, dass Tiere aus dem Auslandstierschutz aufgenommen werden. Wie das Problem gelöst werden könnte, ist "mega kniffelig", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Justus Wolters. Denn einerseits sind sich Tierschützer*innen einig: Tierschutz hört nicht an der Landesgrenze auf.

Die Hauptkritikpunkte an Hundeimporten lauten jedoch: Die Tierschutzorganisationen vor Ort müssten finanziell und personell besser unterstützt werden, damit die Arbeit in den Ländern selbst geleistet werden kann. Außerdem fehle es an Transparenz. So gebe es immer wieder illegale Händler, aber auch Vereine, die mit falschen Versprechungen Hunde vermitteln, die die neuen Halter*innen dann jedoch überfordern.

"Es müssten sofort Gelder vom Staat zur Verfügung gestellt werden. Personal müsste aufgestockt werden und es müssten neue Anlagen erschlossen werden."
Elena Iva Cujic, Tierschützerin

Tierschützer*innen in Deutschland bleibt bis jetzt nichts weiter übrig, als immer wieder an die Politik und an die Verantwortung eines und einer jeden Einzelnen zu appellieren: Wer sich einen Hund – egal ob aus dem Tierschutz oder von einem Züchter – holen will, sollte sich vorher Rat bei Hundetrainer*innen oder im Tierheim holen. Damit zumindest die Hunde, die vermittelt werden, nicht postwendend ans Tierheim zurückkommen oder schlimmer noch ausgesetzt werden.

Shownotes
Zu viele Tiere
Straßenhunde in Deutschland? Tierschutz am Limit
vom 22. Mai 2024
Moderation: 
Christoph Sterz
Gesprächspartner: 
Justus Wolters, DLF-Nova-Reporter