Streamingdienste pushen ein neues Musikgenre, das ein bisschen an Fahrstuhlmusik erinnert: Streambait-Pop. Leicht belanglose, elektronische Musik ohne Ecken und Kanten, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Ina Plodoch.

Klar, ein paar Freaks unter euch kaufen sich Vinyl - aber die meisten werden ihre Musik wohl doch eher streamen. Ist ja auch teilweise gar nicht schlecht, was man da an anderen Künstlern vorgeschlagen bekommt, oder welche Playlists uns da erstellt werden. Doof sind die Algorithmen bei Spotify und Co. nun wirklich nicht. Aber genau mit diesen Playlists haben die Streamingdienste etwas vor. Sie wollen uns mit belanglosen Streambait-Pop-Playlists die Birne weich spülen. 

Ok, steile These! Aber tatsächlich ist durch das Streamen in letzter Zeit ein Genre populär geworden, das vorher kaum wahrgenommen wurde, der sogenannte Streambait-Pop. 

Streambait-Pop: Musik wie ein Sofakissen

Streambait-Pop setzt sich zusammen aus Streaming und Clickbait. Es klingt wie ein Sofakissen, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Ina Plodoch. "Gemütlich und flauschig, also ohne Ecken und Kanten." Musikjournalistin Liz Pelly beschreibt Streambait-Pop ähnlich:

"Es wirkt sehr melancholisch, ziemlich lahm und auch mal traurig."
Liz Pelly, Musikjournalistin

Wenn die Beschreibung von Streambait-Pop aber nicht gerade nach "Oh, muss ich anklicken!" klingt, warum spült Spotify uns das dann als Playlistvorschlag auf unsere Smartphones? Ina Plodoch sagt, dass Chill total angesagt ist und dass Spotify das gemerkt hat. Musik, die so durchlaufen kann, mögen offenbar viele - und was Spotify sehr mag, ist, wenn wir deren Playlists lange durchhören; am besten gar nicht weiter klicken. Gewissermaßen formieren uns die Algorithmen also einen Staybait. ;-)

Streamingdienste wollen unsere Aufmerksamkeit

Das Genre Streambait-Pop ist nicht brandneu und auch nicht von Streamingdiensten erfunden - aber es wird überdurchschnittlich stark gepusht. Genau genommen ist es ein Sub-Genre von elektronischer Musik, sagt Ina Plodoch. Ziel ist unsere Aufmerksamkeit!

"Musik in der Streamingwelt will entweder deine ganze Aufmerksamkeit, oder sie ist so unauffällig, dass wir sie deshalb nicht abschalten, weil wir sie kaum bemerken."
Liz Pelly, Musikjournalistin

Viele der Künstler, die wir in Spotifys Streambait-Playlisten hören (wo meistens irgendetwas mit Chill draufsteht), existieren auch nur in diesen Playlisten. Im Mainstream oder im Indie-Genre spielen sie keine Rolle, sagt Ina Plodoch. Sie fürchtet, dass die Algorithmen der Streamingdienste uns bald in eine musikalische Sackgasse führen könnten. 

Während wir zu Beginn des Streamings alle auf mehr musikalische Freiheit gehofft hatten, zeigt sich inzwischen, dass das System nach Regeln funktioniert, die immer die gleiche Musik belohnen, so Musikjournalistin Liz Pelly.

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Shownotes
Streamingdienste
"Streambait-Pop": Angriff der digitalen Fahrstuhlmusik
vom 01. Februar 2019
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Ina Plodoch, Deutschlandfunk Nova